Die Sonne scheint. Wirklich warm ist es im Büro des Theater K trotzdem nicht. Aber das macht nichts. Der Kaffee ist heiß und die Stimmung heiter. Die drei Theater K-Gründer Annette Schmidt, Mona Creutzer und Jochen Deuticke lachen, grübeln, lamentieren und echauffieren sich. Wann war noch mal die erste Aufführung im Tuchwerk? Und die letzte in der Rudolfstraße?
Gab es jemals ein Stück, das es nicht auf die Bühne geschafft hat und ist man sich wirklich immer einig?
„In all den Jahren haben wir jedenfalls nie einen regelmäßigen Jour Fix oder ähnliches gehabt.“ Große Entscheidungen werden zusammen getroffen, kleinere Ideen entstehen spontan, aus einem Impuls heraus. „Wir funktionieren zusammen einfach gut. Ob per Mail, Telefon oder im Büro.“ Stimmt, das merkt man.
Ohne Reden und Rosen
In diesem Jahr feiern sie das 30-jährige Bestehen ihres Theaters. „Und zwar so richtig. Ohne Reden und Rosen. Sondern mit einer Party, bei der wir uns selber und all unsere Freunde und Gäste feiern. So wie bei unseren legendären Premierenpartys.“ Geschichten schwirren durch den Raum von durchtanzten Nächten und Morgenstunden. Das passt zu den Dreien, denen klassische Konventionen herzlich wenig bedeuten. Viel mehr bedeutet ihnen hingegen die Freude an Theater, Kunst, Leben und künstlerischer Freiheit. „Es geht nicht darum Blumen zu bekommen. Sondern Wertschätzung!“
Und das war von Anfang an so. In einem riesigen Pool aus freien Kunstschaffenden fanden sich die rei, um als freie Künstler Theater zu machen, aber auf professionelle Weise. Und das haben sie durchgezogen, inklusive Umzügen, Gastspielen, kurzfristigen Programmänderungen, Spielstättensuche, ausverkauften Vorstellungen, Existenzängsten, großen Stücken, kleinen Produktionen, zu wenig Publikum, schwierigen Bauauflagen und wenig Geld. So sieht es nunmal aus, wenn man als Freies Theater unterwegs ist. Dafür bekommt man aber auch einiges: „Wir lassen uns die Freiheit, damit Inspiration entstehen kann.“ Und trotz der Einbrüche und Niederlagen, die in den 30 Jahren leider auch zur Geschichte des Theaters zählen, haben sie das Theatermachen nie aufgegeben. „Unsere künstlerische Kraft hält uns zusammen.“ Ein konstruktives Neben- und Miteinander, das sollte es schon 1986 sein. Seitdem gilt: „Wir haben Mut und wissen: Das wird!“
Damals wie heute
„Aachen macht es uns manchmal schwer. Die Denkbarriere vieler Besucher zum Tuchwerk ist beispielsweise länger als der tatsächliche Weg“, beschreiben sie den vermeintlich langen Anfahrtsweg aus der Innenstadt, der gerade am Anfang für Skepsis bei den Zuschauern sorgte. Dabei, das muss man sagen, ist man mit dem Auto in zehn Minuten am Tuchwerk, mit dem Fahrrad 20 Minuten, der Bus hält vor der Tür. Die Lösung: Man müsse einfach den ein oder anderen bornierten Hebel in den Köpfen umlegen.
Aber auch bei der Aachener Kulturpolitik müssen sie sich immer wieder beweisen. „Vor rund 10 Jahren wurde vom Kulturausschuss eine Obergrenze für die Förderung freier Kulturinitiativen festgesetzt. Seitdem gibt es an städtischen Mitteln maximal 40.000 Euro pro Jahr. Ein Witz, wenn man die Kostenerhöhung in allen anderen Lebensbereichen bedenkt. „Das verhält sich einfach nicht“, ist die knappe -Antwort der Drei. „Das, was wir hier machen, ist exklusiv in und auch für Aachen.“ Mit ihrem Pool an Kreativität, der ungewöhnlichen Spielstätte, den vielen Künstlern, die sich seitdem im Tuchwerk treffen und das Kleinod im Aachener Norden beleben, verschafft Aachen etwas Großstädtisches. Froh ist das Trio auch über die Kooperationen mit den Aachener Museen in der kalten Jahreszeit. Das brachte den städtischen Museen immerhin ein wenig mehr Zulauf, was unter anderem dazu geführt hat, dass das Theater K die Erlaubnis bekam, auch zukünftig die Museen als Spielstätte zu nutzen.
Dennoch ist das keine Langzeitlösung. „Das Tuchwerk als Veranstaltungsort auszubauen, wäre wunderbar.“ Und dabei verändert sich hier dank der Margarete Lorenz Stiftung einiges. Aber auch hier ist ein Ende noch nicht in Sicht. Die Drei sehen das gewohnt locker: „Das ist Aachen. Wir kennen die Stadt und können nach 30 Jahren sagen: Wir haben den längeren Atem.“
Doch bei einer Sache bleiben sie nicht ruhig oder gelassen, hier werden sie Stimmen lauter und die Einigkeit spürbar. „Wir machen das ganze Theater, weil wir es wirklich wollen. Und wir können nur sagen: Hut ab, vor allen Schauspielern und Regisseuren, die das mit ihrer Leidenschaft mittragen! Wir wissen ganz genau: Ohne die wäre es nicht machbar!“
Dass sie jetzt den dritten Sommer im Tuchwerk erleben, hätten sich die Drei anfangs vermutlich auch nicht gedacht. Jetzt wird am 30. April gefeiert. Nebenbei wird geprobt, umgeräumt und neue Ideen gesponnen. Es geht also weiter und weiter. Immer in Bewegung. Damals wie heute. \ Kira Wirtz
INFOS am RANDE:
Das Theater K entdeckte die Burg Frankenberg bereits 1990 als Spielstätte. Am 3. Juli zeigen sie hier „Summer Songs“.
„Die Reichsgründer“ war das einzige Stück, dass es trotz begonnener Proben nicht auf die Bühne geschafft hat. Grund: Schwangerschaft der Regisseurin.
Gerade laufen die Proben für einen neuen Versuch – 20 Jahre später.
Viele Aachener Musiker – Anirathak, Eva Weissenböck, Sanaz Zarasani, Jürgen Sturm, Heribert Leuchter, Matthias Fuhrmeister, Uwe Böttcher, Ludger Singer, Thomas Bernd, Horst Schippers, Sasan Azodi bringen am 30. April ihre Geburtstagsständchen ans Theater K. Für eine Nachtsuppe, DJs und Getränke wird gesorgt. Der Eintritt ist frei.
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