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Bühnenkritik: Höllengemenge

Na, wie wollt ihr später mal als richtig Erwachsene sein? Steht die Familie über dem Beruf oder genau andersrum? Im Theaterstück »Zur Hölle mit den anderen« geraten zwei Paare und ihre Lebens-entwürfe bei einem Essen aneinander.

TEXT CHRISTINA RINKENS
FOTO LUDWIG KOERFER

Schon das Bühnenbild verrät: Hier könnte manche Fassade bröckeln. Darstellen sollen die goldenen Luftballons das schmucke Eigenheim von Sandra und Erik Schmieder. Heute haben sich Gäste angemeldet: Katrin Krämer und Steffen Wolber kommen zum Essen vorbei. Ein Essen mit Zündstoff. Denn Sandra und Katrin haben zwar zusammen studiert, sich aber ewig nicht gesehen und beide sind inzwischen Mütter. Im trauten Spießergarten stoßen nicht nur zwei Lebensentwürfe aufeinander.

Schuhe an oder Schuhe aus? Damit entscheidet sich meist schon zu Beginn die Stimmung eines Treffens. So auch hier. Doch im Gegensatz zu anderen Pärchentreffen bleibt dies an diesem Grillnachmittag nicht die einzige Unstimmigkeit. Sandra und Katrin haben sich entwickelt – in verschiedene Richtungen. Sandra, die glückliche Hausfrau, die mit Mann und Kind schmucke wohnt, ihre Karrierewünsche angeblich bewusst aufgegeben hat, um den vierjährigen Sohn noch stets zu säugen und für ihren spießigen Mann, der natürlich das Geld verdient, eine gute Frau zu sein.

Und Katrin, die Karrierefrau, die ihre Tochter als politisches Statement Fatme genannt hat, sie mit drei Monaten in die Kindertagesstätte gab und deren Mann Steffen sich als Hausmann um alles bis aufs Geld kümmert. Am Grill der nächste Eklat: Natürlich ist der umweltbewusste Steffen Vegetarier. Aber nur keine Umstände! Bekommt er eben mehr Kartoffeln.

Erst nach einer Hausbesichtigung geht es so richtig los: Zwischen Technik-Gadgets, die Erik mit Stolz präsentiert und einem Nähzimmer, in das Sandra sich immer zurückzieht, wenn sie genug von ihrem Mann hat – »sie näht sehr viel …«. Es bröckeln die Fassaden.
Gescheiterte Karrieren, Workaholics, die ihre Kinder kaum sehen. Mütter, die über- oder untermuttern. Politisches Engagement und Aussagen zwischen »Das wird man ja wohl mal sagen dürfen« und fadenscheiniger Toleranz. Zum Schluss kommt alles auf den Tisch: Depressionen, Sexlosigkeit in der Ehe, Lügen und Anschuldigungen. \

22.+29.12. und 5.+24.1.
»Zur Hölle mit den anderen«
20 Uhr, Kammer, Theater Aachen
theateraachen.de