Rolf Deubner setzt in seinem Unternehmen Deubner Baumaschinen auf gute Mitarbeiter. In dem jungen Flüchtling Senay Luul aus Eritrea hat er einen gefunden.
VON KATJA LASKA
FOTOS DEUBNER BAUMASCHINEN
Polen, Vietnam, Kroatien, Togo – die Aufzählung könnte noch weitergehen, denn die etwa 60 Mitarbeiter bei Deubner Baumaschinen stammen aus 15 verschiedenen Nationen. Unter ihnen ist auch Senay Luul. Der 20-Jährige kam auf Umwegen in den Aachener Betrieb und macht dort jetzt eine Ausbildung zum Fachelektriker.
»Jeder verdient eine Chance«, sagt Geschäftsführer Rolf Deubner. Es ist eigentlich ganz simpel. Die Firma, die Deubner nun in dritter Generation führt, »hat einfach Glück mit Menschen gehabt«, erzählt Deubner, während er in seinem Büro im ersten Stock in der Schönebergstraße sitzt. Da war nach dem Zweiten Weltkrieg sein Großvater Berndt, der die Firma als Trümmerverwertung ins Leben rief, und sein baltischer Landsmann Herr Sacken, der ihm als Vorarbeiter half. Dann kamen in den 1980er/90er Jahren sein Vater und der Bosnier Herr Ademovic, die das Unternehmen weiter nach vorne brachten. Nun sitzt Rolf Deubner mit im Chefsessel und hofft natürlich auch auf einen treuen Weggefährten. Einer der Anwärter ist sicher Senay Luul.
Nachwuchsförderung
Deubner ist immer auf der Suche nach gutem Nachwuchs. Der muss drei Sachen mitbringen: Fleiß, Technikinteresse und deutschen Grundwortschatz. »Als die Flüchtlingswelle nach Deutschland kam, dachte ich mir, unter den anderthalb Millionenen Menschen, sind bestimmt viele intelligente und fleißige sein. Die haben eine Chance verdient«, sagt Deubner. Er behält Recht. Senay überzeugt ihn in der einen Woche, in der er zur Probe arbeitet und die Baumaschinen reinigt. Schnell wird klar: Der Junge säubert nicht nur zuverlässig, sondern hat auch Ahnung von Technik.
»Er hat schon damals den Ölstand der Maschinen gecheckt und auch verstanden, wenn es irgendwo einen Wackelkontakt gab«, erinnert sich Deubner. Das war 2015 und Senya 17 Jahre alt. »Er war kein typischer 17-Jähriger. Zurückhaltend, höflich und verantwortungsbewusst. Wollte sogar Überstunden machen.« Der junge Mann ist gerade dabei, sich zum Fachelektriker ausbilden zu lassen.
Zwei Tage in der Woche verbringt er nun in der Berufschule, sitzt im Mathe-, oder Englischunterricht und lernt die fachbezogene Theorie für seinen späteren Job. Die restlichen Tage verbringt er damit, Elektrowerkzeuge, Tischsägen und andere elektrische Maschinen zu warten, zu reparieren und wieder in Schuss zu bringen. Und außerdem ist Senay Teil des Teams. Wo anfangs mit Händen und Füßen kommuniziert wurde, wird jetzt fließend Deutsch gesprochen.
Mittelmeer-Umweg
Bis hierhin war es für den Eritreer kein einfacher Weg. Begonnen hat dieser vor etwa fünf Jahren, als ihn das eritreische Militär als Minderjährigen einziehen wollte. Überstürzt flieht er auf Anraten seiner Familie alleine aus dem Land. Es folgen zwei Jahre voller Ungewissheit und Umwege. Er reist nach Äthiopien, in den Sudan und über Ägypten nach Israel, um dort bei Verwandten unterzukommen. Dort bekommt er kein Aufenthaltsrecht und so beginnt schließlich die Reise von vorne.
Durchschlagen ist angesagt. Senay gerät – erneut über Äthiopien und Sudan wieder in Ägypten angekommen – an eine Schleuserbande. Kidnapping und Gelderpressung inklusive. »Als er es bis nach Libyen schafft, steigt er in ein Boot und hofft einfach zu überleben.« Die Chancen stehen fünfzig zu fünfzig, doch Senay geht das Risiko bewusst ein. »Man muss es einfach so sagen: Er hatte aus seiner Sicht nicht viel zu verlieren«.
Heute kann man es sagen: Er hat gewonnen. Und auch Rolf Deubner hat gewonnen. Einen treuen, engagierten Mitarbeiter. Wie es nach Senays Ausbildungsabschluss weitergehen soll, ist noch nicht klar. Nur: Es geht weiter. »Unsere Zusammenarbeit beginnt dann erst. Wo sie endet. ist völlig offen. Es gibt keine Grenzen«. \