NEO-Autor Max Keller hat sich für uns mit dem Thema Laufbahn im Ausland beschäftigt. Nur andersherum: Yisi Tu ist in China auf die Welt gekommen und hat dort auch teilweise studiert. Jetzt wohnt er in Aachen und arbeitet beim Engineering- und IT-Dienstleister Ferchau.
VON MAX KELLER
Herr Tu, wo kommen Sie her?
Ich komme aus Xiangtan, einer kleinen Millionenstadt (2,81 Mio.) in der Hunan Provinz in China.
Und wie sind Sie hier in Aachen gelandet?
Das ist eine längere Geschichte. Meinen Bachelor habe ich in Nanjing gemacht, an der Uni für Wissenschaft und Technik. Dort habe ich Elektroingenieurwesen studiert. Danach wurde ich für ein Doppel-Masterprogramm im Bereich Automation angenommen. Ich studierte zwei Jahre an der technischen Universität in Duai (nahe Lille) in Frankreich und ein weiteres Jahr in Nanjing.
Das klingt spannend, sprechen Sie denn auch Französisch?
Ich spreche ein bisschen Französisch, weil das Programm in Duai komplett auf Französisch gehalten wurde. Es war eine spannende Zeit, aber es wird noch besser. Durch einen Zufall lernte ich an meiner Universität in Nanjing eine Professorin der IFP School in Paris kennen. Sie brachte mich auf die Idee, mich dort zu bewerben. Und so kam es, dass ich noch einen weiteren, einjährigen Master im Bereich Automobil auf meinen Doppel-Master draufsetzte. Ein Pflichtpraktikum dieses Masters absolvierte ich dann bei Ferchau in Aachen. Und so kam ich hierher.
Das ist ein ungewöhnlicher Weg. Nun sind Sie schon ein halbes Jahr bei Ferchau. Stimmt, was man sagt? Ist aller Anfang schwer?
Als es um den festen Arbeitsvertrag und die Arbeitserlaubnis ging, war es leider schon ein immenser Aufwand mit viel Hin und Her. Die Behörden schienen ein wenig überfordert und überfragt. Das lag vor allem daran, dass ich meinen Abschluss an einer französischen Uni gemacht habe, aber in Deutschland arbeiten wollte. Somit musste ich dann mehrfach zwischen Aachen und der Botschaft in Paris pendeln, um die Probleme aus dem Weg zu räumen.
Das hört sich nicht besonders spaßig an. Aber jetzt haben Sie die Arbeitserlaubnis und arbeiten in einem internationalen Team.
Genau so ist es. In meinem Team sind insgesamt 18 Leute aus elf verschiedenen Ländern beschäftigt. Wir beschäftigen uns mit der Weiterentwicklung von Motorsteuerungen bei einem großen Autobauer. Die Arbeitssprache ist Englisch.
Wow, elf Länder! Hier sind interkulturelle Missverständnisse doch sicher vorprogrammiert, oder?
Hier und da kann es schon zu Missverständnissen kommen, aber wir alle haben schon viele Erfahrungen im Ausland und mit anderen Kulturen gemacht, sodass wir aufeinander Rücksicht nehmen können. Das klappt super!
Ferchau ist seit der Gründung 1966 sehr gewachsen, mit über 90 Standorten breit aufgestellt. Die übergeordnete Able Group beschäftigt über 9.000 Mitarbeiter. Sie arbeiten in allen technischen Bereichen. Könnten Sie sich vorstellen, auch in anderen Bereichen an anderen Standorten bei Ferchau tätig zu sein? Zum Beispiel im Bereich Marine oder Aviation?
Ausschließen möchte ich das nicht, zumal man viele Forschungsergebnisse auch auf andere Anwendungsbereiche übertragen kann. Mich reizt es auch, die Arbeitsweise an anderen Standorten zu erleben. Denn überall bedeutet auch Internationalität etwas Anderes. In der Euregio können schon in wenigen Minuten Grenzen überschritten und andere Länder erlebt werden, sodass auch Mitarbeiter wie mein Kollege Bart Reijnen nach Aachen pendeln. Kein Wunder also, dass Ferchau in den Niederlanden und in Belgien Fuß fasst. Fürs Erste möchte ich aber hier einfach meinen Job machen und dieses Projekt erfolgreich ins Ziel bringen. \