Gemeinsam mit seinem Alter Ego Käpten Nobbi lädt Paul Sous zu seiner zweiten Einzelausstellung ein. Wir trafen den Aachener »Sachenmacher« auf ein Bier in seinem Atelier.
INTERVIEW CHRISTINA RINKENS
Bist Du Künstler oder Designer? Welche Bezeichnung gefällt Dir besser?
Am liebsten nenne ich mich »Sachenmacher«. Die Sachen, die ich mache, lassen sich nicht eindeutig einem bestimmten Bereich zuordnen. Immer ist sowohl Kunst als auch Design und Handwerk im Spiel.
Wieso wird man heute noch Künstler?
Komische Frage! Gegenfrage: Was wäre die Welt ohne die Kunst? Ich male und frickle seit ich denken kann. Und das soll am allerliebsten so bleiben.
Also war das schon immer Dein Plan?
Im Alter von neun Jahren habe ich beim Malwettbewerb der Aachener Bank den zweiten Platz gemacht und dafür ein blaues Sparschwein mit 50 Mark bekommen. Das fand ich grandios; mein Bild hatte also fremden Leuten gefallen. Ab diesem Zeitpunkt hörte ich gar nicht mehr auf zu malen. Schon damals ging es mir einfach nur gut, wenn ich meine Gedanken, Gefühle und Ideen aufs Papier bringen konnte. Später dann, als es darum ging, mir über meine berufliche Zukunft Gedanken zu machen, war klar, dass es irgendwas im kreativen Bereich sein musste. Am liebsten hätte ich eine Ausbildung als Gestalter für visuelles Marketing gemacht. Das hat aber nicht geklappt.
Du hast eine Ausbilung zum Schilder- und Lichtreklametechniker gemacht.
Ja, bei einer Firma für Werbetechnik in Würselen. Vieles, was ich dort gelernt habe, fließt heute in meine Arbeiten ein. Zum Beispiel Logodesign, Beschriftungen, Auftragungstechniken, Leuchtmittel und so weiter.
An der Akademie für Handwerksdesign der HWK Aachen in Horbach hast Du außerdem studiert. Welche Bedeutung hat Gut Rosenberg für Dich?
Allein die wunderschöne Landschaft dort, der alte Gutshof mit den Werkstätten, der Innenhof und der kleine Teich hinter dem Gebäude bilden eine sehr inspirierende Atmosphäre. Die Studenten kommen aus ganz unterschiedlichen gestaltenden Gewerken, zum Beispiel Schreiner, Tischler, Bootsbauer, Goldschmiede, Glasveredler, Schneider – viele kreative Leute mit vielen verrückten Ideen! Wir haben uns alle super verstanden, uns gegenseitig geholfen und inspiriert. Die Rosenberger Dozenten haben mich immer sehr unterstützt und individuell beraten. Das waren drei tolle Jahre!
Jetzt ist Deine Examensarbeit fertig.
Ja, in meiner Examensarbeit mit dem Titel »Zuhausdaheim« vereinen sich Elemente aus der Licht-und Reklametechnik mit denen aus dem Handwerksdesign. Es handelt sich um eine Lichtbilderserie von ausgewählten Aachener Häusern.
Wie würdest Du Deine Kunst beschreiben?
Ich erzähle Geschichten und sorge damit für Unterhaltung.
»Nicht wegschmeißen, da kann man noch was mit machen!« – das ist Dein Motto.
Mich inspirieren alle möglichen Dinge mit »Herkunftsgeschichte«: alte Bretter mit Gebrauchsspuren, ausgediente Alltagsgegenstände, leere Milchtüten, gekaute Kaugummis. Eben alles, was ein Vorleben hat und mich im wahrsten Sinne des Wortes »anspricht«. Ich nehme sie mit in meine Werkstatt und habe meistens sofort eine Idee im Kopf, was ich damit machen will. Ich gehe dabei sehr intuitiv vor. Zu viel Kopf versaut die Leichtigkeit.
Gibt es Personen, die Dich inspirieren?
Meine Schwester Teresa und ich sind in einer kreativen, künstlerischen Umgebung aufgewachsen. Unsere Eltern sind Sammler und Frickler. Bei uns zuhause gab es immer beseelte Dinge, egal ob selbst gemacht oder vom Flohmarkt. Meine Mama hat mir den wertvollen Blick auf scheinbar Wertloses (Straßengold!) gezeigt, von meinem Papa habe ich das Tüfteln. Von beiden habe ich die Überzeugung, dass alles machbar ist. Inspirierend sind für mich nicht nur alle, mit denen ich mich über Kunst und künstlerische Ausdrucksweisen austauschen kann – wie zum Beispiel die Leute, mit denen ich auf Gut Rosenberg eine wertvolle und intensive Zeit verbracht habe – mich faszinieren auch unbekannte Menschen, die einen bestimmten Typus, eine Haltung verkörpern und eine besondere Stimmung ausdrücken. Sie finden sich dann zum Beispiel in meinen Nobbis wieder.
Was willst Du mit Deiner Kunst erreichen?
Anfangs habe ich sie nur für mich gemacht. Seit dem Malwettbewerb weiß ich, dass das, was ich mache, anderen Leuten gefällt. Die ersten Gemeinschaftsausstellungen haben den Kreis der »Gefaller« vergrößert. Bei meiner Einzelausstellung wurden es noch mal mehr. Anscheinend erfreuen sich also die Menschen an dem, was ich mache. Wie super – so geht es mir und ihnen gut. Das ist das, was ich erreichen will. Perfekt wäre es, von meiner Kunst leben zu können.
Wer ist eigentlich Käpten Nobbi? Der Affe oder Du?
Als Kind wollte ich immer einen Affen als Haustier haben. Ich habe meine Eltern damit verrückt gemacht, aber sie blieben hart und meinten, das ginge nicht. Stattdessen schenkten sie mir diverse Affen-Kuscheltiere und zur Kommunion einen dicken Bildband über Affen. Aber das reichte mir natürlich nicht. Ich begann, mir meinen »Freund« selbst zu erschaffen. Nobbi ist zu meinem Lebensbegleiter geworden und ja, er hat viel von mir. Mal bin ich er, mal bin ich ich. Wenn ich er bin, dann gucke ich mit einem vollkommen unbehelligten Blick in die Welt. Wenn ich ich bin, kommt der ganze Rest dazu.
Wird Dir Aachen nicht zu klein? Ab nach Berlin?
Berlin? Super, um öfters mal hin zu fahren. Aber nicht, um dort zu leben. Viel zu groß, viel zu viel los und viel zu viele Künstler! In Aachen sind meine Wurzeln. Und es ist mir sehr wichtig, meine Familie und Freunde in der Nähe zu wissen. Mir gefällt die Kulturszene. Man kennt sich, man trifft sich, man hilft sich, man ist gut vernetzt und stellt einiges auf die Beine. Von hier aus lassen sich wunderbar überregionale Kontakte knüpfen. Im vergangenen Jahr habe ich zum Beispiel für eine Firma in München ein Logodesign entwickelt und für eine Kölner Filmproduktion bei zwei Kinofilmen als Setdesigner gearbeitet. Aachen wird mir nicht zu klein. Ich fühle mich hier Zuhausdaheim!
kaeptennobbi.de