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Greta Galla: »Die kühle Blonde«

Über ihr eigenes Musik-Blog schaffte es Greta Galla zum »Intro«-Magazin nach Köln – und hinter so manches DJ-Pult. In der Aachener Clubszene ist sie so etwas wie die beste Newcomerin, ohne jemals dazu gekürt worden zu sein. Wer ist dieses Mädchen mit dem kühlen Blick?



von Marcus Erberich

Greta Galla geht leicht gebeugt, als sie das Fotostudio von Olaf Rohl im Frankenberger Viertel erreicht. Die welligen, schulterlangen, blonden Haare trägt sie offen, die Hände versteckt sie in den Hosentaschen ihrer Röhrenhose. Sie trägt Pullover und flache Schuhe. Zur Begrüßung reicht sie dem Fotografen, der Visagistin Jutta Alvermann und der Stylistin Julia Albracht die Hand am ausgestreckten Arm.

Dann geht es ans Werk: Anprobe. Olaf Rohl würde Greta gerne in einem roten Kleid mit Rüschen an den Schultern fotografieren. So etwas ist ungewohnt für sie. Als sie in dem Kleid aus dem Umkleideraum kommt, hält sie die Arme vor dem Körper verschränkt, sucht die Blicke der anderen. Sie lächelt schüchtern, als ihr alle versichern, dass sie in dem Kleid gut aussieht.

Als nächstes folgt das Styling: Make-up und Puder ins Gesicht, die Augenbrauen nachziehen, knallroter Lippenstift, Haare glätten. Als Jutta Alvermann ein Fläschchen mit Nagellack aus ihrem Requisiten-Koffer kramt, schmunzelt Greta: »Ist mir auch noch nie passiert, dass mir mal jemand die Fingernägel lackiert …«

Nep:Tune-Events mit krassen Bookings
Es ist das Fotoshooting für die Titelgeschichte dieser Ausgabe. »Ich war extrem überrascht, dass ihr mich ausgesucht habt«, sagt Greta. Die 21-Jährige ist in der Aachener Club­szene quasi prominent, sie legt als DJane auf Partys auf und holt zusammen mit ihrem Kompagnon Deniz aufstrebende Acts zu ihren NEP:TUNE-Events in den Musikbunker – hauptsächlich aus den Genres House, Techno, UK-Bass und Future Garage.

»HEUTE BIN ICH SO EIN BISSCHEN RIHANNA-FAN. DAS IST EINE ART GUILTY PLEASURE VON MIR.«

»Für Aachen haben wir schon die krassesten Bookings«, sagt Greta; teilweise werden bis zu sechs internationale DJs für einen Abend eingeflogen. In Sachen Musik ist sie immer hinter dem Neuesten her, »ich mag es nicht, wenn Genres ausgeschlachtet werden.« Um eigene Musik zu machen, sei sie aber zu anspruchsvoll und sich selbst gegenüber zu kritisch. Sie sagt: »Vorher müsste ich erst ein Genre neu erfinden.«

Für Mainstream-Musik aus der Pop-Industrie hat Greta kein Ohr, auch wenn sie zugibt, dass sie das nicht mehr so streng durchzieht, wie sie gerne würde: »Früher habe ich Rihanna immer gehasst«, sagt sie, »heute bin ich so ein bisschen Rihanna-Fan. Das ist eine Art guilty pleasure von mir.«

Jutta ist fertig mit dem Styling, Greta dreht sich auf ihrem Stuhl mit dem Gesicht zum Spiegel. Sie lacht. Dann sagt sie, eher im Scherz: »Ich muss auf jeden Fall gleich tausend Instagram-Selfies machen!«

Instagram also. In sozialen Medien, auch bei Facebook, ist Greta zu Hause. 154 Fotos gibt es dort von ihr, sie hat 826 Freunde, ihr gefallen 763 Musiker und 85 Filme. Trotzdem spricht sie davon, dass man sich einen kritischen Umgang mit dem Internet angewöhnen solle – gerade in ihrer Generation.

Wie passt das zusammen? »Ich nutze das Internet gezielt zur Selbstdarstellung«, gibt Greta zurück: »Für Party-Werbung zum Beispiel. Veranstaltungsmanagement läuft viel über Facebook. Das bedeutet: Ich muss mich öffentlich machen, um die Leute zu erreichen.« Öffentlich machen – das tut sie, indem sie in ihrer Facebook-Timeline fast täglich etwas postet. Musikvideos, Fotos von sich selbst und ihren Freunden, Party-Flyer. Ihre Freunde behaupten, sie sei das größte Medienopfer.

Dann geht es los, Greta muss vor die Kamera. Um sie herum Stellwände, Lampen, Blenden. Wegen ihrer Länge muss Olaf Rohl das ­Stativ höher stellen. Dann rattert die Kamera, Dauerfeuer mit Blitz. Greta bleibt gelassen, so als warte sie hier nur auf den Bus. Auch, wenn sie manchmal nicht ganz zu wissen scheint, wohin sie mit ihren Armen soll.

»ICH, EIN HIPS TER? ICH WÜRDE MICH EHER ALS KULTURINTERESSIERT BEZEICHNEN.«

Erste Erfahrungen als Model hat sie schon gesammelt. Wenn auch nicht so richtig, wie sie sagt: Bei der Fashion Week in Berlin ist sie mal auf einer abseitigen Stage gelaufen (Ihr Lohn: Kost und Logis) und für die Mode-Boutique »Yay-Shop«, die Freunde von ihr betreiben, macht sie hin und wieder Katalog-Fotos – vor allem für das Internet.

»Den Kopf noch ein bisschen nach vorne! Die linke Hand ein bisschen höher, ja, und den Mund leicht öffnen. Stop! Können wir die Haare wieder ein bisschen fluffiger machen?« Olaf Rohl ruft Kommandos durch das Studio. Greta lässt sich geduldig frisieren. Wenn Olaf seine Schüsse auf dem Computer begutachtet, hält sie die Pose, in der er sie hinterlassen hat. Und wenn er eine kurze Pause anordnet, wippt sie auf den Füßen vor und zurück.

»Gib mir im Blick mal ein bisschen mehr Sexappeal!« Greta lacht. »Das ist ganz schön schwer, wenn einem tausend Leute zugucken!« Trotzdem gelingt die Aufnahme auf Anhieb. Greta weiß, wie sie auf andere wirkt. Oder besser: Wie sie wirken kann, wenn sie es will.

Was hält diese junge Frau, die so ein Geruch von London, Berlin und Paris umweht, überhaupt noch in ­Aachen? »Ich liebe diese Stadt!«, sagt sie. Sieben Jahre lang hatte sie eine Dauerkarte für die Heimspiele von Alemannia Aachen. »Irgendwann muss ich auch mal raus. Aber Aachen wird immer meine Heimat sein.«

In Aachen wurde sie geboren, dann zog sie mit ihren Eltern nach Belgien, damals war sie noch ein Kind. Mit 17 Jahren zog sie schließlich wieder nach Aachen – in eine eigene Wohnung. Das Leben auf dem Land hatte sie satt. Obwohl sie es immer genossen hatte, mit den Hunden der Familie durch die Natur zu spazieren.

Sekunde … wirklich? »In meiner Freizeit bin ich eigentlich ein ziemlich langweiliger Mensch«, sagt Greta: »Ich gucke zwar kein Fernsehen, aber Serien wie Lost und Game of Thrones. Oder Filme, dabei viel schockierenden Kram.« Zuletzt hat sie »Fat Girl« gesehen, in dem allein drei Vergewaltigungen zu sehen waren. Sie mag es, wenn in Filmen Abgründiges zum Vorschein kommt. Auf Partys geht sie so gut wie gar nicht mehr – zumindest nicht zum bloßen Feiern. Wenn sie ausgeht, dann zu ihren eigenen Events. »Da kann ich Musik anmachen, die mir gefällt. Auf feiern gehen habe ich irgendwie keinen Bock mehr.«

Vor gut einem Jahr hat Greta zum ersten Mal aufgelegt, dieses Jahr wird sie Clubs in Köln, Düsseldorf und Heidelberg bespielen. Bei allem Erfolg: Leben kann Greta von ihrem Wirken nicht. »Ich glaube nicht, dass ich damit reich und berühmt werde«, schmunzelt sie. Gleiches gilt für die Arbeit an ihrem Musikblog »galleur.com« – der hat ihr sogar schon ein Praktikum beim »Intro«-Magazin eingebracht. Zum Wintersemester will Greta deshalb Musikmanagement studieren, in Mannheim, Berlin oder Köln – wo auch immer sie angenommen wird.

Verrat uns ein Geheimnis, Greta! »Ich habe mal zwei Jahre lang Trompete gespielt. Das hat total Spaß gemacht! Aber ich hatte nie das Geld, mir ein eigenes Instrument zu kaufen. Ich musste immer eins ausleihen. Und ich trage immer stur keine Brille. Eigentlich bräuchte ich die aber.«
Bist du eigentlich ein Hipster? Sie verdreht die Augen. »Der Begriff ist verpönt. Ich würde mich eher als kulturinteressiert bezeichnen.« Sie lässt sich nicht aus der Reserve locken.

Zum Schluss ein Frage-Antwort-Spiel: Wie lustig bist Du? »Ich bin tollpatschig.« Wie nett bist Du? »Kommt drauf an, wann man mich trifft.« Wie nervig bist Du? »Wenn ich etwas wirklich will, bin ich ­ultranervig.« Wie hübsch bist du? »Wer würde schon über sich selber sagen, dass er hübsch ist?« Na gut, letzte Frage: Wie kühl bist Du? »Überhaupt nicht! Im Gegenteil! Ich finde, ich bin sehr aufgeschlossen.« \