Laufbahn

Wie sinnvoll ist Power-Napping?

In der Mittagspause mal eben eine Runde pennen, das ist für Viele eine große Verlockung. Aber wie gut ist der Minutenschlaf wirklich? Ein Gespräch mit Dr. med. Johannes Schiefer, Leiter des Schlaflabors an der Uniklinik Aachen.  

INTERVIEW: FELIX BÖKER

Herr Schiefer, wieso werden wir um die Mittagszeit so müde?

Wir werden mittags müde, weil unser innerer Rhythmus von Natur aus eine Phase mit vermehrter Müdigkeit in den frühen Nachmittagsstunden vorgibt. Das kann man gut anhand verschiedener Hormonspiegel nachweisen. Zum anderen führt natürlich auch ein ausgiebiges Mittagessen dazu, dass wir uns müde fühlen. Andere Kulturen kommen diesem inneren Rhythmus nach, denken wir zum Beispiel an die »Siesta« in den Mittelmeerländern.

Inwiefern wirkt sich das kurze Schläfchen zwischendurch positiv auf den Körper aus?

Wenn wir wach sind, baut sich stetig Schlafdruck auf, den wir als Müdigkeit empfinden. Mit strukturiertem Kurzschlaf kann man diesen Schlafdruck mehrfach am Tag in gewissem Maße abbauen, sodass das Müdigkeitsgefühl jeweils abnimmt und wir wacher und leistungsfähiger sind.

Gibt es eine optimale Zeit für den Power-Nap?

Optimale Zeiten sind Phasen, in denen unser innerer Rhythmus das Einschlafen begünstigt, also zum Beispiel mittags oder am späten Nachmittag. Man kann die Technik des »Power-Nappings« aber so perfektionieren, dass man es praktisch jederzeit anwenden kann, wenn sich die Möglichkeit dazu ergibt.

Es heißt, man soll nur 20 bis 30 Minuten schlafen, doch vielen fällt es schwer, auf Knopfdruck zu entspannen und einzuschlafen. Gibt es da irgendwelche Tricks?

Damit ein Kurzschlaf wirklich erholsam wirkt, ist es in der Tat ganz wichtig, dass er die Dauer von 15 bis maximal 20 Minuten nicht überschreitet. Sonst stellen sich unser Körper und insbesondere die hormonelle Regulation wichtiger Funktionen, die für unser Wohlbefinden wichtig sind – zum Beispiel Körpertemperatur, Blutdruck, Herzfrequenz ­– auf einen »Schlafmodus« um und wir fühlen uns nach dem Schlaf zerschlagen, matschig und unwohl – ähnlich, als werden wir nachts im Tiefschlaf geweckt. Das bedeutet, man muss den Kurzschlaf konsequent erlernen. Hier helfen Entspannungsverfahren wie autogenes Training, progressive Muskelentspannung oder Yoga. Die Extremvariante des Power-Nappings besteht darin, sich mit dem Schlüsselbund in der Hand in einen bequemen Sessel zu setzen. Fällt das Schlüsselbund durch die Muskelerschlaffung beim Einschlafen aus der Hand auf den Boden, ist der Kurzschlaf zu Ende.

Muss man auf Kaffee oder Espresso verzichten, wenn man ein Schläfchen zwischendurch machen möchte?

Auf koffeinhaltige Getränke reagiert jeder bekanntlich unterschiedlich. Generell wirken Koffein und mehr noch Teein aktivierend. Einem strukturierten und bewusst trainierten Power-Napping steht der Genuss koffeinhaltiger Getränke jedoch prinzipiell nicht entgegen.

Das kurze Nickerchen soll die Leistungsfähigkeit und die Aufmerksamkeit enorm steigern. Den Arbeitgebern dürfte das gefallen. Finden Sie es sinnvoll, eine Extra-Pause für das Power-Napping einzuführen?

Es gibt Kulturen, in denen das Wissen um den Erholungswert und die damit gesteigerte Leistungsfähigkeit des Power-Nappings dazu geführt hat, dass strukturierte Kurzschlafphasen fester Bestandteil des Arbeitsalltags sind. Aus schlafphysiologischer Sicht kann ich das nur unterstützen! \