In der Aachener Party- und Konzert-Szene macht sich die Angst breit, dass es bald keine Locations mehr gibt, in denen sie sich breit machen kann. In einer Facebook-Gruppe formiert sich jetzt Widerstand. Ein Gespräch mit Gründer Kristof Mittelstädt.
INTERVIEW: MARCUS ERBERICH
Kristof, du bist Gründer der Facebook-Gruppe »Macht mal Lärm in dieser Stadt!«, die wenige Stunden nach ihrer Gründung schon über tausend Mitglieder hatte. Was war für dich der Auslöser, die Gruppe zu gründen?
Von diesem Ausmaß war ich selbst komplett überwältigt. Ich wusste, dass es ein Thema ist, das schon lange brodelt. Als ich bei guten Freunden in der aktuellen Ausgabe des Klenkes blätterte, waren zwei tolle Artikel zu lesen, die sich mit dem Thema Clubsterben auseinandersetzten. Ich habe mich dann ganz spontan an den Rechner geklemmt, die Gruppe gegründet, den Text verfasst und alle meine Freunde eingeladen. Der Rest war ein kompletter Selbstläufer. Anscheinend hab’ ich da einen Nerv getroffen, was mich sehr freut.
Am Ende soll das Ganze in einer Demo münden. Gibt es dafür einen Termin? Und sind noch andere Aktionen wie Partys oder Konzerte geplant?
Die Demo ist am 17.05.2014. Sie soll jedoch nur der krönende Abschluss sein. Der Weg ist das Ziel. Es wird Solidaritätsveranstaltungen geben, Partys, Konzerte, Diskussionen, Stammtische, Infoabende und viele weitere Aktionen. Besonders wichtig finde ich, dass wir etwas machen, das feiernde Volk und Organisatoren von Partys. Die Ladenbesitzer und die Politiker sind zwei Fronten und die sind auf Grund von mangelndem Entgegenkommen der Verantwortlichen der Stadt verhärtet. Aber wir sind viele, viel mehr als die, die sich gestört fühlen. Wir müssen jetzt ein Zeichen setzen, um unsere Kultur zu erhalten.
Im Sommer 2014 sind die Kommunalwahlen. In welchem Umfang, glaubst du, wird das Thema »Clubsterben« dabei eine Rolle spielen?
Das wird ganz von uns abhängen. Wir als Kulturkonsumenten und ihr als Presse haben es in der Hand, inwieweit sich die Politik mit diesem Anliegen befassen wird beziehungsweise muss. Zum Glück stellen Parteien ihr Fähnlein kurz vor Wahlen gerne in den Wind, das ist zwar populistisch, könnte aber in diesem Fall ein Vorteil für uns sein.
Wann war für dich der Punkt erreicht, an dem du dich dazu entschieden hast, selbst die Initiative zu ergreifen? Und wie gut bist du mit den betroffenen Gastronomen vernetzt?
Eigentlich ist der schon lange erreicht: Als der Malteserkeller dicht gemacht wurde, war ich sehr traurig, er war damals mein musikalisches Wohnzimmer und am Abschlussabend war ich nur einer von vielen mit einer oder mehr Tränen im Knopfloch. Das Thema ist dann immer aktuell gewesen. Ich kenne sehr viele der Aachener Gastronomen persönlich, die einen flüchtig, die anderen freundschaftlich. Deshalb habe ich ihre Probleme immer mitbekommen. Als sich dann die Nachrichten über Läden, die schließen müssen oder in akuter Not sind überschlugen, war der Punkt gekommen, an dem ich gesagt habe: Jetzt muss ich was tun!
Zum Schluss dein Plädoyer: Warum ist es für Aachen so wichtig, Szene- und Eck-Lokale zu fördern und zu beschützen?
Eine Stadt, die sich damit brüstet, ein kultureller Standort in der Euregio zu sein, darf es sich nicht leisten, freie Kultur zu vernachlässigen. Und da gehört eine bunte, vielfältige Konzert- und Party-Szene einfach dazu. Noch gibt es in Aachen Läden, die ihre Räumlichkeiten zur Verfügung stellen, ohne dafür großes Geld zu verlangen. Es gab Zeiten, da konntest du jeden Abend in ein Konzert gehen und das für kleines Geld oder umsonst. Aachen hat tolle DJs und Musiker und Gastronomen, die diesen immer eine Plattform gegeben haben und dies auch weiter tun wollen. Leider haben genau diese Leute es immer schwerer, kriegen immer mehr Auflagen und immer weniger Spielräume. Jetzt ist es an uns zu sagen: So nicht, wir lassen uns das nicht weiter kaputt machen! Und das dürfen und sollten wir auch von unseren gewählten Vertretern verlangen. ///