Blog

Tiere (nicht) essen – Tag 3: Die Sache mit der Moral und Party mit »Veggie-Burgern«

IMG_2479

Veggie-Burger im Hause Bernhardt. Foto: Lutz Bernhardt

Einkaufen! Wir haben für’s Abendessen »Veggie-Burger« geplant. Gleichsam eine Art Überfall auf unsere Kinder, die ganz sicher bei dem Gedanken an Soja-Weizen-Bratlinge keine Laola-Welle starten. Bei der Futter-Planung sprechen wir also erstmal nur von Burgern.

VON LUTZ BERNHARDT

Das mit dem Fleisch-Verzicht haben mein Sohn (5) und meine Tochter (8) bislang eher zur Kenntnis genommen, weniger kommentiert. Fleisch ist bei uns ohnehin eins der seltsamen Themen der Ungenauigkeit. Wir beantworten Fragen nach Herkunft vage, meistens unaufrichtig. Tiere werden – so will es die Beruhigung – wenn sie alt oder krank sind, geschlachtet. Natürlich eine unappetitliche Vorstellung, aber für das Gewissen praktikabel. Als meine Kinder meine Jäger-Biografie für sich entdeckten (war nicht schwer: lauter grüne Klamotten an der Garderobe, Taschen, Messer, Fernglas, eine Reh- und eine Wildschweindecke, sprich Fell, im Arbeitszimmer), da habe ich nicht widersprochen, als sie die Tötungsfrage auch eher als Erlösung von alten und kranken Tieren sehen wollten. Das sagt sich ja auch heldenhaft; »vom Leiden erlöst«.

Mittlerweile merken sie aber, dass da was nicht stimmt. Wir bestellen regelmäßig Lamm bei einer befreundeten Familie. Nun, da es alte Lämmer nicht gibt, wird offensichtlich, dass hier was nicht stimmt. Von unserem Nachbarn Erhard kaufen wir einmal im Jahr Teile von Kälbern… Auch das macht es nicht leichter. Meine Tochter fragt vor allem immer nach der Familiensituation. »Und wo sind die Eltern?« »Sucht die Mutter das Kind jetzt?« Tja, was sag ich dann?

(Übrigens: Über das Lammkaufen und die Rindviecher von nebenan erzähle ich später mehr…)

Also Einkauf. Und damit eine schöne Überraschung: Beim Aldi gibt’s ein richtiges Veggie-Sortiment. In der Kühltheke: Würstchen aus Tofu, Burger aus Weizen und Soja und dann noch andere Produkte unter dem Label »Fleischersatz«. Ich schnappe mir die Burger. Woanders kaufe ich später noch  Hamburger-Relish, Salat, Gurken, Tomaten, Ketchup. Dazu Gemüse-Stäbchen mit Mais und Erbsen aus dem Tiefkühlregal. Mal ausprobieren, wie die sich später zwischen den Burger-Brötchen machen. Um mehr Varianz ins Spiel zu bringen, kaufe ich noch Feta und Oliven.

IMG_2477

Die fleischlose Abteilung im Supermarkt. Foto: Lutz Bernhardt

Abends zelebrieren wir die Burger-Party. Die Kids haben längst kapiert, dass das diesmal anders läuft. Die öligen Soja-Weizen-Burger sehen auf den ersten Blick aber so sehr nach Fleisch aus, dass selbst mein eher ess-kritischer Sohn keine Abwehrreaktion zeigt. Gemüse ist für ihn eigentlich ein No-Go.

Ich schmeiße die Dinger also in die Pfanne und die Gemüseriegel kommen in den Ofen. Erste Erfahrung: Die Burger brauchen wirklich nur zwei Minuten, sie brennen mir fast an. Riechen tut das ganze … wie Hundekuchen. Aber naja, wir experimentieren. Mit Spaß an der Sache baut sich jeder dann seinen Burger ganz nach Belieben. Gurken aus dem Glas, das muss sein, Tomate, Salat und dann das würzig-scharf-säuerliche Relish. Durch das Geschmackssampling mit diesem Zeug wird auch irgendwie die Erwartungshaltung an einen Burger befriedigt. Die Soja-Weizen-Scheibe selbst ist für den Biss, fürs Kauen wichtig. Geschmacklich ist das halt ein Gemüsebratling. Die Variante mit Gemüseriegel, Feta und Oliven geht auch.

Am Ende steht es bei der Bewertung 3 zu 1. Meine Frau, mein Sohn und ich sagen »Ja« zum Veggie-Fast-Food. Meine Tochter wollte dann doch irgendwann lieber nur die Gemüseriegel mit viel Ketchup, den Burger hat sie nicht runtergekriegt.

Noch eine Bemerkung: Wenn ich hier oder später Produktnamen oder Supermarkt-Ketten nenne, dann ist das vielleicht nicht journalistisch korrekt, aber das gekünstelte Vermeiden solcher Marken macht die Sache wenig lesefreundlich. Ich werde im Laufe des Selbstversuchs sicher auch noch bei anderen Läden einkaufen.

Und ein Dankeschön an Eva Schwarz vom Aachener Restaurant Pfannenzauber. Sie hat mir ein paar Tipps für die Veggie-Reise geschickt. Unter anderem, dass es auch im Kaufland empfehlenswerte Fleischersatz-Sachen gibt. Werde ich noch ausprobieren! \

LINK: TIERE (NICHT) ESSEN – TAG 1: GAG-REFLEX UND BEKLEMMUNG

LINK: TIERE (NICHT) ESSEN – TAG 2: ZU VIEL MÜSLI UND GESCHMORTER HUND NACH HOCHZEITSART

LINK: TIERE (NICHT) ESSEN – TAG 5: SMALL-TALK-GEWISSEN UND DAS SCHREIEN DER SCHWEINE

LINK: TIERE (NICHT) ESSEN – TAG 9: TOFU-BALLETT UND DIE SCHEISS-ZEIT DER TRUTHÄHNE

LINK: TIERE (NICHT) ESSEN – TAG 10: GROSSES INTERVIEW ZUR PREMIERE VON »TIERE ESSEN« AM THEATER AACHEN