2007 wurde das interdisziplinäre Studierendenprojekt »Aixtreme Racing« an der FH Aachen ins Leben gerufen. Teamleiter Lukas Ogrzewalla erzählt Klenkes neo, was es bedeutet, Teil des Formula-Student-Teams zu sein.
TEXT UND FOTO ANJA NOLTE
»Ich gehe nur zum Schlafen nach Hause«, sagt Lukas Ogrzewalla mit einem Lächeln. Bereits seit 2014 ist er Teil des Formula-Student-Teams »Aixtreme Racing«, ein Studierendenprojekt, das an der FH Aachen angesiedelt ist. In der Hochphase heißt das: rund 120 Stunden pro Woche schrauben, tüfteln und testen. Dann steht er mit fünf, sechs Teamkollegen von morgens bis ein Uhr nachts in der Werkstatt, damit am Ende eines Studienjahres ein fahrtüchtiger Prototyp auf der Rennbahn steht. Schwer falle ihm das nicht, meint der FH-Student: »Das hier ist mehr als ein Hobby.«
Ende 2013 hat Lukas sich für das Studium der Fahrzeug- und Antriebstechnik an der FH Aachen eingeschrieben, jetzt steht er kurz vor dem Bachelor-Abschluss. Über einen Freund kam der heute 24-Jährige zu »Aixtreme Racing« und hat seitdem verschiedenste Verantwortungsbereiche übernommen – von Struktur und Aerodynamik über Elektronik bis hin zu Organisation und Teamleitung. Jede Menge Erfahrung habe er auf diese Weise gesammelt: »Ich würde fast sagen, ich habe hier mehr gelernt als im Studium.« Mit rund 15 Leuten sei das Team relativ klein: »Das heißt, jeder einzelne begleitet das ganze Projekt und bekommt alle Einzelheiten mit.« Zum Vergleich: Das Formula-Student-Team an der RWTH Aachen zählt mehr als 70 Studierende.
Innerhalb von acht bis zehn Monaten wird das Projekt durchgespielt, sprich: ein neues Fahrzeug konstruiert und gefertigt. Angefangen mit der Frage, ob das Fahrzeug aus dem vergangenen Jahr optimiert oder ganz neu konzipiert wird, bis hin zur Berechnung, Simulation am Computer, der Elektronik und Montage. »Normalerweise wechseln wir im Zwei-Jahres-Rhythmus zwischen Optimierung und einem komplett neuen Konzept«, erzählt der Teamleiter. »Von der Fahrzeuggeneration von 2017 zehren wir jetzt aber schon im dritten Jahr.«
Die internationalen Wettbewerbe finden im Spätsommer statt: Weltweit gibt es 13 Events, davon neun offzielle. Gegen gut 600 Teams tritt »Aixtreme Racing« dann an – vorausgesetzt ein Team qualifiziert sich erfolgreich für den Wettbewerb. »In diesem Jahr starten wir am Hockenheimring sowie in Österreich«, berichtet Ogrzewalla. »Außerdem stehen wir auf der Warteliste für Formula Student Spain.« Dort hat das Team bereits in den Jahren 2013, 2015 und 2017 teilgenommen: »Also müsste es dieses Jahr, 2019, eigentlich wieder klappen«, lacht er.
Harte Prüfung: Vom Businessplan bis hin zum Beschleunigungspotenzial
Dass es beim weltweiten Konstruktionswettbewerb um noch mehr geht, als ein Fahrzeug zu entwickeln und zu fertigen, zeigen die einzelnen Disziplinen, die dort abgefragt werden. In den statischen Disziplinen geht es darum, die erbrachte Ingenieursleistung in Diskussionen und Präsentationen unter Beweis zu stellen: Wie raffiniert sind die Detaillösungen? Wie wirtschaftlich und mit welchen Mitteln hat das Team gearbeitet? Wie sieht das Geschäftsmodell aus, wenn man das Fahrzeug in Kleinserie produzieren würde? Bei den dynamischen Disziplinen werden die Fahrzeuge hinsichtlich ihrer Haltbarkeit und Effizienz getestet sowie hinsichtlich ihres Beschleunigungspotenzials. »Der Langstreckentest auf 22 Kilometern hört sich einfach an, aber 50 bis 60 Prozent der Teams scheitern an dieser Disziplin«, schätzt Ogrzewalla. Ein Rennen »Fahrzeug gegen Fahrzeug« gibt es nicht.
Auf der Weltrangliste liegt »Aixtreme Racing« derzeit etwa in der Mitte. Ganz zufrieden ist er damit nicht – allerdings wurde 2016 auch kein Fahrzeug ins Rennen geschickt. Und außerdem: »Es geht nicht darum, dass man das beste Rennauto der Welt baut, sondern dass man lernt, selbstständig und strukturiert im Team zu arbeiten. Das könnte auch jedes andere Projekt sein.« Im Team sind derzeit vorwiegend Studierende aus der Antriebstechnik, der Luft- und Raumfahrtechnik sowie aus dem Maschinenbau, aber auch einige Wirtschaftsingenieure und eine Kommunikationswissenschaftlerin. Der Benefit sei für alle gleich: »Jeder kann hier was lernen: vor allem Teamgeist.«
Die größte Herausforderung? »Fertiger zu finden für die immer gleichen komplexen Bauteile«, so Ogrzewalla. »Ohne die Hochschule, unsere Sponsoren und Unternehmen, die uns unterstützen, könnten wir das Projekt gar nicht stemmen.« Manchmal muss es allerdings schnell gehen, dann werden mal eben 150 Anrufe getätigt. Oder das Team fährt spontan nach Ostdeutschland, weil dort gerade eine Firma Zeit hat, den vorderen Überrollbügel in einem bestimmten Radius zu biegen.
Und der schönste Moment? »Wenn das Fahrzeug zum ersten Mal über die Teststrecke rollt.« \