Der eine spielt Fußball, die andere tanzt, und manche fliegen eben – in ihrer Freizeit. neo-Redakteur Simon Wirtz traf Marc und Samuel von der Fliegergruppe der RWTH und ließ sich erklären, was das Segelfliegen so spannend macht.
TEXT SIMON WIRTZ
FOTO IRENE KESPER UND DENNIS LEWANDOWSKI
Samstagsmorgens um kurz vor neun geht’s los – dann treffen sich die Mitglieder der Fliegergruppe der Aachener RWTH. Eine gute Stunde geht es von Aachen aus durch die Serpentinen der Eifel, dann ist das Ziel in Sicht: Der Flugplatz »Dahlemer Binz«, unweit von Euskirchen. Segelflugzeuge, aber auch Helikopter und motorisierte Flieger starten und landen, auf dem Platz herrscht reges Treiben. Gleich mehrere Vereine schlägt es an einem Wochenende mit guten Wetteraussichten hierhin. Angekommen auf dem Flugplatz ist dann erstmal um Punkt zehn Briefing. Wer hat welche Aufgabe für den Tag? Welcher Fluglehrer unterrichtet welche Schüler? Wer dreht ein paar Runden um den Platz, und wer macht eine Tagestour?
Verantwortung, aber auch Spaß
Sobald alles geklärt ist, geht es an die Arbeit: Die Flieger, die sich bis jetzt noch eingeklappt auf Anhängern befinden, werden zusammengebaut und danach für den Start bereit gemacht. »Das geht richtig schnell. 15 bis 20 Minunten brauchen wir für einen Flieger. Aber man muss vorsichtig sein: die sind handgefertigt und kosten jeweils gute hunderttausend Euro«, sagt Marc, der schon ein paar Jahre dabei ist. Alle Anschlüsse werden doppelt geprüft. Ist auch der Fallschirm mit an Bord? Weiter weg, ziemlich auf der Mitte der Startbahn, wird zeitgleich die Seilwinde aufgebaut. »Die Winde ist in einem umgebauten alten Fahrzeug, das haben wir noch von dem Professor geerbt, der den Verein gegründet hat«, erklärt Samuel, seit drei Jahren Segelflieger und Masterstudent. »Nachdem sie überprüft und der Motor betankt wurde, wird sie an das Segelflugzeug angeschlossen, und zieht es nachher mit ordentlich Kawumms an – so kommt es dann in die Luft«. Aber wie bleibt es eigentlich in der Luft? Einen Motor suche ich vergeblich.
Die Thermik macht’s
Mein Tipp: Wind. Aber Marc winkt ab: »Nein, Wind stört eigentlich nur. Unser Antrieb ist Thermik! Das ist Aufwind, der entsteht, wenn Sonnenstrahlen die Erdoberfläche erwärmen. Daraus werden dann im Endeffekt Wolken. Aber bevor die entstehen, können wir den Aufwind zum Fliegen nutzen!«, freut er sich. Jetzt ist es aber höchste Zeit – rein in den Flieger, in dem zwei Menschen Platz haben, Startsignal abwarten, und go! »Segelfliegen macht richtig Spaß«, erzählt mir Samuel. »Dieses Jahr bin ich an manchen Wochenenden acht Stunden rumgeflogen, bis nach Frankfurt, ins Sauerland und wieder zurück. Mir gefällt daran vor allem die Freiheit, einfach mal abheben zu können, alles am Boden zu vergessen. Und man lernt, an sich selbst zu glauben, denn meistens ist man ganz alleine da oben«.
Auf dem Acker
Aber was, wenn mal was schief läuft? »Das kommt nur sehr selten vor. Einmal habe ich auf zwei Kilometer Entfernung ein Passagierflugzeug gesehen, dass uns in der Luft gekreuzt hat. Das war wirklich ein Nervenkitzel. Aber an einen ernsten Vorfall kann ich mich bei uns im Verein nicht erinnern. Notsituationen werden schon in der Ausbildung durchgespielt, dadurch sind wir vorbereitet«, weiß Samuel. Eine Sache, die mich aufhorchen lässt, gibt es dann doch. Was passiert, wenn das Flugzeug keinen Aufwind mehr bekommt? Es hat ja keinen eigenen Antrieb. Marc weiß Bescheid: »Das ist halt manchmal so. Aber gar kein Problem, denn auch ohne Aufwind kann man noch gute 40 Kilometer fliegen. Dann suchen wir uns eben einen Acker, auf dem wir landen können. Das nennt man auch Außenlandung. Vorher spricht man ab, wer einen dann holen kommt. Schräg wird es nur, wenn Anwohner die Polizei rufen oder zum Flugzeug hasten, weil sie denken, es wäre eine Notlandung und es gäbe Verletzte. Die können wir ja dann zum Glück beruhigen«. \
Hobby: Segelfliegen
Wer selbst mal in einem Segelflugzeug sitzen möchte, braucht weder jahrelang zu trainieren, noch reich zu sein. Die gesamte Ausbildung zum Segelflieger beim Fliegerverein der RWTH dauert ca. ein Jahr, nach ein paar Wochen kann man aber schon, unter Aufsicht, selbst hinters Steuer. Außerdem gibt es immer wieder die Möglichkeit, bei anderen mitzufliegen. Im Sommer wird geflogen, während im Winter die Wartung und Pflege der Flieger ansteht. Die Mitgliedschaft inklusive aller Starts und Landungen kostet ca. 50 Euro pro Monat, wenn man im Verein mit anpackt. Wer mal vorbeischauen möchte, kann Donnerstags ab 20 Uhr zum Stammtisch in der Lochnerstraße 4-20 kommen. \