Der Lärm der Sirenen eines Rettungswagens ist wohl jedem vertraut. Doch wie sieht es mit dem Beruf des Notfallsanitäters aus, der von einem Notfall zum nächsten eilt?
Ein Bericht über einen Beruf, der ganzen Einsatz und noch mehr Hingabe voraussetzt.
TEXT VERENA BODENSTEIN
FOTOS UPMACHER
Noch schnell in die Stulle beißen. Jeden Moment kann das Signalgeräusch läuten. Dann bedeutet es: zack in den Rettungswagen und los zum nächsten Notfall. Jan Willems (26) ist Rettungsassistent in der Ausbildung zum Notfallsanitäter bei den Johannitern. Er steht hinter der Küchentheke im Aufenthaltsraum der Wache und beobachtet seine Kollegen. Manche machen sich noch einen Kaffee, andere wiederum liegen auf dem schwarzen Ledersofa in der Ecke und schließen noch für ein paar Minuten die Augen. Einigen von ihnen steht noch eine 24-Stunden-Schicht bevor. Jan selbst auch. Er weiß, was das bedeutet: wenig Schlaf und höchste Einsatzbereitschaft.
Die Übergabe mit seinem Kollegen hat er bereits hinter sich und das Fahrzeug kontrolliert: Ist der Benzintank voll? Der Ölstand geprüft? Ist genügend Sauerstoff vorhanden? Sind die Medikamente aufgefüllt? An solchen Dingen darf es im Notfall nicht scheitern. Check, check, check und … nochmal check. Alles stimmt. Der Einsatz kann kommen.
Jan arbeitet bereits seit acht Jahren im Bereich des Rettungsdienstes. Er ist groß und kräftig gebaut. Doch das muss nichts heißen: Seine Kollegin Maren Peters ist klein und zierlich, doch bestens für den Beruf gewappnet. Er hat schon einmal gesehen, wie sie einen 65-jährigen Mann gestemmt hat. Wie gesagt, sie ist bestens gewappnet.
Plötzlich das Signalgeräusch. Ein Einsatz. Ihm und seiner Kollegin bleiben nun 120 Sekunden, um fertig angezogen im Rettungswagen zu sitzen. Schnell streift er sich seine rot-orange Uniform mit den neon-gelben Reflektoren über und sprintet ans Steuer, wo er über Funk das Stichwort zum Notfall mitgeteilt bekommt. Ein Atem- und Kreislaufstillstand. Er muss daran denken, dass bei einem bewusstlosen Menschen pro Minute ohne Sauerstoff zehn Prozent des Hirngewebes abstirbt. Er schaut auf die Uhr. Maximal acht Minuten Anfahrtszeit. Während er losfährt denkt er sich: »Hoffentlich führen die Leute vor Ort eine Laienreanimation durch.«
So hektisch die Arbeit im Rettungsdienst sein kann, umso entspannter sitzt Jan Willems einem im Interview gegenüber. Auf die Frage, aus welchen Beweggründen er Notfallsanitäter werden möchte, antwortet er: »Man gibt Menschen etwas, seine Zeit und Hilfe, und das ist für mich sehr erfüllend. Noch dazu ist es ein vielseitiger Beruf. Es wird nie langweilig und man bekommt gute Ausbildungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten geboten.« Jan hat zuvor eine Ausbildung als Rettungsassistent beim Deutschen Roten Kreuz absolviert, doch da man als Rettungsassistent in Notfallsituationen nur eingeschränkt handeln kann, hat er eine Weiterbildung als Notfallsanitäter bei der Johanniter-Unfall-Hilfe begonnen. Zu den großen Vorteilen einer Ausbildung als Notfallsanitäter gehört zum Beispiel, dass man Patienten Notfallmedikamente verabreichen darf. Als Rettungsassistent darf man das nämlich nicht.
Doch das ist nicht alles. Jan möchte nach seiner Zeit als Notfallsanitäter Humanmedizin studieren. Jetzt sagen einige vielleicht: »Da braucht man doch Abi für.« Nö, eben nicht! Auch ohne Abitur kann man »Dr.« werden. Seit 2016 qualifizieren auch Berufsausbildungen für ein Medizinstudium. Doch nur zwei Prozent der Studienplätze an Universitäten sind für Bewerber ohne Allgemeine Hochschulreife bestimmt. Bedeutet mit anderen Worten: An unnötigen Wartezeiten kommt man nicht vorbei.
Der Johanniter-Unfall-Hilfe bleibt Jan auf jeden Fall erhalten. Er wird Praxis und Studium kombinieren. Als Nebenbeschäftigung wird er dann als Notfallsanitäter arbeiten und sich so sein Studium finanzieren. Wenn er dann mit seinem Studium fertig ist, kann er auch direkt Berufserfahrung nachweisen und muss sich nicht, wie viele andere Studierende, von einem unbezahlten Praktikum zum nächsten quälen, um die fehlende Berufserfahrung wett zu machen. Ganz schön clever!
Doch jetzt wird er erst einmal Notfallsanitäter. Das ist auch gut so, denn es wird händeringend nach Personal gesucht. \
www.johanniter.de
Die Voraussetzungen
• mindestens 18 Jahre alt
• Mittlere Reife
• gesundheitliche Eignungsprüfung ablegen.
Die Ausbildung zum Notfallsanitäter gibt es Seit 1. Januar 2014. Innerhalb von drei Jahren erlernen Azubis alles Nötige für die Tätigkeit im Rettungsdienst. Bereits ausgebildete Rettungsassistenten können innerhalb von sieben Jahren ihre Ergänzungsprüfung zum Notfallsanitäter ablegen, sodass auf lange Sicht das Berufsbild des Rettungssanitäters aufgelöst wird.
Zur Ausbildung als Notfallsanitäter gehören:
• 1920 Stunden in der Berufsfachschule
• 1960 Stunden in der Rettungswache
• 720 Stunden im Krankenhaus
Für die Bewerbung braucht man:
• Bewerbungsschreiben
• Lebenslauf mit Lichtbild
• Nachweis mindestens eines mittleren oder höheren Schulabschlusses oder nach einem Hauptschulabschluss eine abgeschlossene Berufsausbildung von mindestens zweijähriger Dauer