Noah Kauertz ist Künstler durch und durch. Der 25-jährige Aachener studiert in der Nähe von Bonn Bildende Kunst, betätigt sich als Maler, Kalligraph und hat viele bekannte Wandgemälde in Aachen und Umgebung verwirklicht. Mit neo-Autorin Lillith Bartczak hat er über seine künstlerischen Anfänge, den Reiz, eine Hauswand zu bemalen und seine zukünftigen Projekte gesprochen.
INTERVIEW LILLITH BARTCZAK
FOTOS SIMON WIRTZ, NOAH KAUERTZ
Du hast eine interessante Biografie, bist in Indien geboren und in Spanien aufgewachsen. Erzähl mal ein bisschen.
Meine Eltern sind immer viel gereist und so bin ich auf einer ihrer Reisen in Indien geboren. Als ich sechs war, sind wir nach Mallorca gezogen, weil mein Oma dort lebt. Der Mann meiner Oma war Maler und zum Malen ist der Süden einfach besser. Nach sechs Jahren in Mallorca sind wir aber wieder zurück nach Aachen gekommen. Unter anderem, damit ich richtig Deutsch lernen konnte.
Wie kamst du darauf, Künstler werden zu wollen?
Wie gesagt, mein Opa war Maler und seine Mutter vor ihm. Somit liegt es ein Stück weit in der Familie. Als Kind habe ich viel gezeichnet, aber als Jugendlicher habe ich mich ehrlich gesagt eher für Sport interessiert. Irgendwann bin ich aber durch einen Freund zum Graffiti gekommen.
Wie kann man sich das mit dem Graffiti vorstellen? Bist du nachts heimlich losgezogen?
Tatsächlich habe ich die ersten anderthalb, zwei Jahre alles nur auf Papier gemacht. Nachts heimlich war nie wirklich meine Art, ich brauchte immer zu viel Zeit und wollte mir zu viel Mühe geben. Wobei das auch was für sich hat, wenn man schnell etwas malen kann, das trotzdem eine Wirkung hat. Ich habe mich aber lieber in Ruhe, an Orten wie Hitfeld ausgetobt. Zuerst habe ich viel gesprüht, dann aber schnell die Sprühdose gegen die Streichrolle getauscht. Ich wollte immer höher hinaus und größere Bilder malen. Ich habe also immer längere Stöcke an die Streichrolle gebastelt und von ganz unten riesige Gesichter an die Wände gemalt. Irgendwann habe ich für meine Bilder dann auch gutes Feedback erhalten.
Auch deine Ausbildung hast du der Kunst gewidmet.
Nach der Schule habe ich eine dreijährige Grafikdesign-Ausbildung gemacht. Da habe ich sehr viel für mich rausgezogen, die Grundlagen der Gestaltung zum Beispiel. Parallel habe ich mit einem Freund schon viel im Design und im künstlerischen Bereich gemacht, Wir haben an Kunstmärkten und Ausstellungen teilgenommen und uns bei Galerien beworben. Sehr inspiriert hat mich eine sechsmonatige Fahrradreise durch Europa. Danach hab ich hier in Aachen erstmal ein Jahr lang nur gemalt und meine erste Soloausstellung auf die Beine gestellt. Vor zwei Jahren habe ich dann mein Studium der Bildenden Kunst begonnen.
Du hast ein großes Wandgemälde an der Mauer des Ostfriedhofs gemalt. Wie kam’s dazu?
Das war ein Stawag-Projekt auf das ich mich beworben habe. Eigentlich gefällt mir so ein Wettbewerb nicht, aber es hat mich einfach sehr gereizt eine so große und prominente Stelle im öffentlichen Raum zu gestalten. Denn das hat einfach eine ganz andere Wirkung als auf einer Leinwand. Ich muss mich mit dem Ort auseinandersetzen und es muss reinpassen. Auf einer Leinwand kann ich machen, was ich will, ich kann es in jeden beliebigen Raum hängen, also muss es für sich funktionieren.
Gibt es in Aachen noch weitere Wände, die du gestaltet hast?
Letztes Jahr ist im Zuge der Jugendkulturausstellung »Uns gehört die Stadt« des Centre Charlemagne mit meinem Kumpel Benjah zusammen mein bisher größtes Gemälde entstanden. Die Wand in der Bleiberger Straße, die wir bemalt haben, ist 53 Meter lang und acht Meter hoch.

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Auf welches deiner Werke bist du besonders stolz?
Naja, im Idealfall ist man immer auf seine letzte Arbeit besonders stolz. Dementsprechend ist die Arbeit in der Bleiberger aktuell mein Favorit. Aber ich freue mich auch auf die Projekte, die dieses Jahr anstehen: Unter anderem bemale ich mit einem Kumpel eine 85 Qua- dratmeter große Wand an der JVA Dortmund.
Machst du noch andere Sachen, außer der Wandmalerei?
Also eigentlich male ich überwiegend Leinwände und arbeite im Atelier. Die Arbeit draußen ist ein seltener Bonus, denn das ist schon sehr wetterabhängig. Ich mag irgendwie die Extreme. Draußen male ich auf riesige Hauswände und drinnen auf relativ kleine Leinwände.
Du wohnst mittlerweile in Bonn. Möchtest du nach dem Studium nach Aachen zurück?
Das kann ich noch nicht sagen. Aachen bleibt immer meine Heimat und ich kann mir schon vorstellen, hier nochmal zu leben, obwohl es mich künstlerisch jetzt nicht total reizt. Aber es ist auch nicht so, als würde hier gar nichts gehen. Ich komme ja auch immer wieder hierher zurück, weil ich hier Kontakte habe und mich in der Szene ein bisschen auskenne. Hier geht auf jeden Fall immer mehr! \

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