Laufbahn

Im Ausland studieren: Mal so gar nicht holländisch…

Windmühlen, Weed und ganz viele Holländer? Klenkes neo-Autor Simon Wirtz lebt seit drei Jahren in Maastricht und studiert dort Europawissenschaften. Hier möchte er uns von der Stadt erzählen – und mit einigen Vorurteilen aufräumen.

TEXT SIMON WIRTZ
FOTOS SIMON WIRTZ

Hi! Ich bin Simon. Mit 19, als ich (endlich) mein Abi in der Tasche hatte, bin ich von Düren ins niederländische Maastricht gezogen und hab mich dort für Europawissenschaften eingeschrieben. Damals erzählten mir meine Kumpels und alle möglichen Leute tonnenweise Sachen über die Stadt – wie schön die Innenstadt mit all den kleinen Geschäften doch sei, wie freundlich die Holländer seien. Aber auch, wie dreckig und verstopft dort alles wäre und wie vielen bekifften Studenten man dort begegnen würde.

Typisch holländisch?
Naja. Mittlerweile lebe ich seit über drei Jahren in Maastricht, und kann manches von dem bestätigen – aber sicherlich auch einiges zurückweisen. Ganz wichtig ist erst einmal: Maastricht ist keine typische holländische Stadt. Hier gibt es weder Windmühlen (weit und breit wirklich keine einzige!), noch kann man hier Leute in Kanäle schubsen (wie in Amsterdam). Was es hier gibt, sind massenweise internationale Studenten und Expats – und es werden jedes Jahr mehr.

Und die Sprache?!
Wer kein Niederländisch kann, ist in Maastricht goldrichtig. Ernsthaft. Natürlich gibt es massenhaft Locals und holländische Studenten, aber in den letzten Jahren hat der Anteil an Expats und internationalen Studenten massiv zugenommen. Wir haben mehr internationale als holländische Studenten an der Uni. Und wer denkt, man müsse Niederländisch für das Studium lernen, liegt bei den allermeisten Studiengängen falsch – beliebte Fächer wie Psychologie, Ökonomie und Medizin werden auf Englisch unterrichtet. Und auch in der Stadt selbst kommt man mit Englisch und Deutsch super klar, denn längst hat sich alles internationalisiert.

PBL!?
Nicht nur die Unterrichtssprache ist anders als in Deutschland – auch die Unterrichtsweise. Semester? Seminare? Nix da! Das Studienjahr bei uns beginnt (leider verdammt früh) am 1. September. Es ist in fünf Abschnitte, sogenannte Periods unterteilt, in denen wir jeweils zwei bis drei Kurse nehmen. Da gibt’s ganz normale Vorlesungen, klar. Aber statt Seminare haben wir Tutorials, also Unterricht in Gruppen von 12-15 Leuten. Und die funktionieren nach dem Prinzip PBL – »Problem Based Learning«. Das ist quasi das Markenzeichen der Uni. PBL steht für mehr Selbstständigkeit, bedeutet aber auch manchmal, dass man echt eine Menge Arbeit hat und sich damit allein gelassen fühlt. Hier gibt’s also Pros und Contras. Für mich überwiegt das Positive – denn das System funktioniert wirklich gut und ist meiner Meinung nach besser als das System anderswo, solange die Gruppe motiviert ist.

Studentenleben
Und abends so? In Maastricht gibt es eine ganze Menge. Klar, so normale Sachen wie einen Theaterclub, eine Fußballmannschaft und ein Hockeyteam haben wir auch. Aber wer hat schon ein Kulturzentrum, wo bis in die Morgenstunden gejamt wird? Oder eine Studentengemeinde, die sich zu Yoga und Meditation trifft? Solche Orte sind für mich das Besondere an der Stadt. Und davon werden immer mehr gegründet. Der Founders Club Maastricht zum Beispiel ist eine Initiative von Studenten für Studenten. Hier vernetzen sich junge Gründer, die eine tolle Idee für ein Startup haben und tauschen ihre Erfahrungen aus. Auch echt cool ist Match: Hier bietet die Uni ein Zimmer für 100 Euro im Monat an. Einzige Bedingung: Die Studenten, die einziehen, sollen einen Teil ihrer Freizeit in der Nachbarschaft mithelfen – ob beim Einkaufen, Abwasch oder bei der Gartenarbeit. So lernen Jüngere und Ältere voneinander, über Kulturen und Grenzen hinweg.

Was für euch?
Wer sich für das Studium in Maastricht interessiert, für den bietet die Uni jedes Jahr im Frühjahr und Herbst Infotage an. Auch eine super Idee ist ein »Student for a day«-Tag, da begleitet ihr einen Studenten aus Maastricht einen Tag lang zu Vorlesungen und Tutorials und habt die Möglichkeit, Fragen zu stellen und den Alltag einfach mal selbst zu erfahren. Mir gefallen Maastricht und die Uni nach wie vor sehr gut und ich bin froh, damals den Schritt gemacht zu haben. Tot ziens! \

maastrichtportal.nl