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David Rehschuh im neo-Porträt: Agent Culinaire

Mit 28 Jahren Chef de Cuisine und Unternehmer: David Rehschuh führt sein Restaurant mundArt und den gleichnamige Catering–Service mit Businessplan, viel Eigenblut und dem nötigen Selbstbewusstsein.

TEXT CHRISTINA RINKENS
FOTOS LUTZ ADORF

Samstagmittag im Frankenberger Viertel. David öffnet uns die Tür zu seinem Restaurant. »Ich bin gerade mit Kochen durch, gleich muss ich noch das Küchenteam einweisen, ansonsten habe ich Zeit für euch.« Bis mundArt am Abend für alle die Türen öffnet und der Restaurantbetrieb losgeht. Das Leben eines Gastronomen.

David Rehschuh hat mundArt 2014 übernommen. Damals noch ein reines -Catering-Unternehmen mit zwei Gasträumen für den Mittagstisch. Beides Ladenlokale in der Schlossstraße. Nur eines davon mit angeschlossener Küche. Für das andere mussten die Speisen mal eben über die Straße getragen werden. Auch kein Problem.

Aber seit 2015 in der Oppenhoffallee: ein eleganter Gastraum mit 40 bis 45 Plätzen. Dunkle Ledermöbel, hellgraue Wände, Holztische, Schwarz-Weiß-Fotografien. Kaum mehr vorstellbar, dass hier vorher ein Schlecker vorzufinden war. Vieles im neuen Lokal habe er selbst gemacht, so David. »Ob Wände gezogen oder Lampen angebracht«, vieles war so einfach deutlich günstiger und schneller umsetzbar. »Die Theke haben wir an zwei Feiertagen mit dem gesamten Team gezimmert. Ein paar Kisten Bier besorgt, was gekocht.«

Existenzgründung mit Schmerzen
David hat das Unternehmen von der Gründerin übernommen. Da war der Umzug schon entschiedene Sache. Und: Er war nicht neu im Betrieb. Seit fünfeinhalb Jahren in der Gastronomie tätig, die letzten drei bereits in leitender Position bei mundArt. Immer mehr Aufgaben hatte er im Laufe der Jahre übernommen: anfangs Kellner, später kalkulierende und beratende Tätigkeiten, dann die Küchenleitung. Nebenbei hat er BWL an der RWTH studiert. Das mag jetzt verwunderlich klingen, aber immer mit einem festen Ziel: Koch im eigenen Restaurant.

»Ich habe im Laufe der Jahre so viele Pleiten von Restaurants beobachtet, die technisch einwandfrei waren, teilweise sterneprämiert und mit einem gelungenen Konzept. Sie alle sind an den Zahlen gescheitert.« David wollte auf Nummer sicher gehen. Die Zahlen verstehen können, die man vom Steuerberater mitgeteilt bekommt. Das Pferd von hinten aufzäumen, könnte man sagen.

Ein halbes Jahr nach dem Studienabschluss war er selbstständig. Mit einer Großbaustelle in der Oppenhoffallee. Und zwei weiterlaufenden Läden in der benachbarten Schlossstraße. Die Kreditzusagen verzögerten sich. Ohne Eigenkapital auf Banksuche. So mancher Bankberater riet David, doch erst einmal fertig zu studieren. Doch eines zahlte sich aus: Sein perfekter Businessplan.

Und der ging auf. Mit einem kleinen Gründungkredit ausgestattet, konnte so das Nötigste gemacht werden. Und David in der Mittagspause als unerfahrener, unter Zeitdruck stehender Bauleiter auf der Baustelle die Peitsche schwingen. Die besten Entscheidungen wurden so nicht immer getroffen, kleine Problemfälle entstanden.Aber es funktioniert auch so. Und eine Woche schließen und Umsatzeinbüße hinnehmen: unmöglich.

Ständige Dauerbelastung und der Stress forderten ihren Soll. 2015 hatte David nur drei freie Tage – Sonntage eingerechnet, wohlbemerkt. Zu viel zu schnell gewollt. »Ich bin ein ungeduldiger Mensch.« Geklappt hat es zwar, das Unternehmen kann nach drei Jahren einen Zuwachs von jährlich 20 bis 30 Prozent verzeichnen, die Umsätze haben sich verdreifacht. Aber David kam an seine Grenzen.

»Zwischenzeitlich war ich vollkommen handlungsunfähig, ich lag auf dem -Boden und habe nur noch an die Decke gestarrt.« Das war ihm eine Lehre: Er musste einsehen, dass er Aufgaben abgeben, Kompetenzen auf mehrere Schultern verteilen muss.

Inzwischen hat er ein funktionierendes Team um sich herum aufgebaut. Die Mitarbeitergröße ist stark saisonal abhängig, gerade jetzt in der Vorweihnachtszeit stellt mundArt massiv ein. So sind zwischen 25 bis 35 Personen für David tätig. Inzwischen übrigens auch offiziell anerkannter Koch mit Ausbildungsschein. Und er hat sogar Freizeit. Jeden Sonntag und jeden Montag. Und es gibt auch Aufträge, bei denen braucht er gar nicht mehr selbst aktiv werden. Das ist für ihn ein Luxus. Auch wenn das immer noch bedeutet: Fünf Tage die Woche von 10 bis 23 Uhr arbeiten, auch an freien Tagen immer erreichbar und abrufbereit sein.

Neben dem Restaurant ist mundArt auch weiterhin als Caterer tätig. Und einer der wohl bekanntesten in Aachen. Den Mittagstisch gibt es immer noch, sowohl im Restaurant als auch geliefert an Firmen. Zudem hat das Unternehmen seit zweieinhalb Jahren mit dem Drehturm Belvedere auf dem Lousberg auch einen Veranstaltungsort im Angebot, kümmert sich dort nicht nur um den Sonntagsbrunch und das Sky-Dinner, sondern auch um private Feierlichkeiten.

Hochzeiten zum Beispiel. »In unserer Branche muss alles minutiös geplant sein und zum exakt richtigen Zeitpunkt funktionieren.« Wenn für eine Hochzeit das Catering bestellt wurde, muss alles passen. »Wenn dann eine Gamba schief liegt, dann bekommt man es schon mal mit einer Brautzilla zu tun.« Dabei ist das Catering von der Planung her machbar. Genauste Bestellung, genauste Kalkulation, genauste Produktion. Im Restaurant sieht das anders aus. Der Supergau hier: dass keiner kommt. Unternehmensrisiko.

Und was wünscht David sich nun für seinen Laden? »Ein immer volles Restaurant, durch die zwei Unternehmenszweige sind wir sehr breit aufgestellt, das macht auch die Budgetkalkulation einfacher.« Auch wenn mit der Übernahme eines bereits etablierten Unternehmens auch die ein oder andere Tücke übernommen wurde: »Manchmal kommen Leute her, dir gar nicht wussten, dass wir auch einen richtigen Restaurantbetrieb haben. mundArt macht doch ›nur‹ Catering und Mittagstisch …«

Doch das Resümee ist gut. Im Guide Michelin sind sie schon, das Konzept Haute Cuisine zu humanen Preisen geht auf.
»Selbst wieder mehr in der Küche stehen, weniger das Drumherum.« Die ein oder andere Idee hat David noch im Hinterkopf: »Man kann nicht jahrelang dasselbe Konzept fahren, ein Unternehmen muss sich weiterentwickeln.«

Und persönlich? David ist viel unterwegs, geht aus, unternimmt was. Soziale Kontakte pflegen. Mal was lesen, mal was malen. Oder gut essen gehen, gerne im Kollektiv mit seinem Team. Nur für eines lässt er jedes Sternerestaurant links liegen: Das Essen von Mama. »Die emotionale Bindung zur Roulade ist einfach viel größer.«

Und er hat noch ein höheres Lebensziel, als ein erfolgreiches Unternehmen zu führen: -Eine Familie gründen. Auch wenn es schwierig ist, Arbeitszeiten, ständige Verantwortlichkeit und Privatleben zu vereinbaren.

»Aber den größten Respekt habe ich vor meinen Mitarbeitern. Den angestellten Köchen, Spülern und Servicekräften. Was die jeden Tag leisten, ohne dabei selbstständig zu sein, ist enorm. Viele leiden langfristig unter kaputten Rücken und Gelenken, leider flüchten sich manche auch in Alkohol oder andere Drogen. Man darf nie -vergessen, was für ein Opfer dieser Job mit sich bringt.« Das alles bleibt ihm hoffentlich erspart. Dem Businessplan sei Dank. \