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Nao im neo-Porträt: Spiel mit mir!

Nao ist 58 Zentimeter groß und wiegt circa 4,3 Kilogramm. Ähnlich einem sehr großen und schweren Baby also. Doch Nao kann schon sprechen, interagieren, ja sogar tanzen. Denn Nao ist der fortschrittlichste programmierbare Roboter der Welt. Entwickelt in Frankreich, ist er auch in Aachen anzutreffen: Beim RoboScope, dem Schülerlabor Robotik der RWTH Aachen.

VON CHRISTINA RINKENS
FOTOS LUTZ ADORF UND PATRICIA YASMINE GRAF

Die Roboter kommen. Im Bereich der Künstlichen Intelligenz werden enorme Fortschritte verzeichnet. Haben wir bald alle einen Roboter als Hausdiener zuhause? Oder statt Wuffi eine bellende Maschine? Und überhaupt, übernehmen die Roboter die Welt? Ist Künstliche Intelligenz nicht eh die Bessere? Immerhin ist sie programmierbar.

Die »feindliche« Übernahme von Robotern ist ein Horrorszenario. Spätestens seit dem Science-Fiction-Film »I, Robot« mit Will Smith von 2004 ist bekannt, was passieren könnte: Die vom Menschen geschaffene Spezies des intelligenten Roboters könnte ihre beigebrachten Fähigkeiten nutzen, um sich der Menschheit entgegenzustellen. Ja, ihre Welt sogar zu übernehmen.

Gefährlich wird’s, wenn den Robotern auch Gefühle beigebracht werden, sie vermenschlicht werden. Von Nao, dem kleinen Roboterchen geht eine solche Gefahr wohl nicht aus. Da gehen wir jetzt einfach mal von aus. Und dennoch kann man ihm durchaus schon fast menschliche Züge abgewinnen. Das merkt man bei einem Besuch in den Räumen des RoboScope im Technologiezentrum Aachen am Europaplatz. Im oberen Seminarraum sind -Projektleiterin Gergana Deppe und die beiden studentischen Hilfskräfte Nor Nabil und Bernd Hankammer gerade dabei, die kleine Maschine für unsere erste Interaktion bereit zu machen.

Doch Nao ist noch nicht so weit. Flach auf dem Bauch liegt er auf einer Art Turnmatte. Schläft er? Nein, er ist noch nicht eingeschaltet. Erfolgt dies, reckt und streckt er sich, seufzt ein wenig und macht sich mühselig daran, aufzustehen. Das wirkt dann auch tatsächlich wie bei einem verschlafenen Kind, das gerade für die Schule geweckt wird. Ein Gliedmaß nach dem anderen wird ausgestreckt, er geht erst in die Beuge und streckt die Arme durch. Dann ein Bein nach dem anderen auf den Boden stellen, Versuche, Balance zu finden. Und wenig später steht er vor einem und blickt einen mit seinen kleinen Äuglein an.

Bei Nao menschliche Züge zu erkennen, das fällt tatsächlich nicht schwer. Irgendwie putzig ist das kleine Ding. Das Piepsstimmchen tut sein übriges. Während Bernd am Laptop sitzt, legt sich Nor vor ihm auf die Matte und versucht, Naos Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Das funktioniert mittels einer Gesichtserkennung. Bis Nao jemanden fokussiert hat, blickt er sich suchend im Raum um. Hat er seinen Gesprächspartner erkannt, leuchten seine Augen rot auf und er hört zu. Auf Sprachanweisung oder Berührung an Schultern, Kopf oder Füßen, kann man ihn so zum Sprechen, Gehen, Hinsetzen oder Tanzen bringen.

»Der humanoide Roboter wurde entwickelt, damit Kinder einen ersten Umgang mit Robotern lernen können, deshalb ist er auch sehr kindgerecht entwickelt«, so Gergana Deppe. Sowohl die Optik, als auch die Handhabung sind kinderleicht. Gut, vielleicht nicht die Programmierung im Hintergrund. Die Naos des RoboScope, insgesamt gibt es sechs, sind beispielsweise auch in der Lage, eine programmierte Tanzdarbietung zu präsentieren, das haben sie auch schon bei diversen Hochschul-Events wie der »Future Lab Gala« bewiesen. Unser kleiner Test-Nao kann diese auch. Vom Computer beauftragt, fängt er an, eine Tanzfolge von Gangnam-Style bis zum Dab zu zeigen. Oder er stellt sich auf ein Bein. »Eine der schwierigsten Aufgaben für Roboter, das Eigengewicht zu balancieren«, erklärt Nor.

Da zeigt sich dann auch bei Nao eine Schwachstelle. Verliert er das Gleichgewicht, kann es auch mal sein, dass er hinfällt. Wenn Nao fällt, versteift er seinen ganzen Körper – um sich nicht weh zu tun. Und beim Fallen entfährt ihm ein erschrockenes »Ooops«. Hach, irgendwie putzig. Das finden auch die meisten Kinder. »Die wenigsten haben Angst vor Nao, sie sehen ihn eher als Spielkamerad«, so Projektleiterin Deppe, »dafür ist das 5.000 Euro teure Spielzeug ja auch entwickelt worden.«

Anders sieht das bei Naos großem Bruder Pepper aus. »Ein Mädchen ist mal weinend aus dem Raum gelaufen, weil ihr Pepper einen solchen Schreck eingejagt hat.« Immerhin ist Pepper mit 1,20 Meter auch ein gutes Stück größer. Zudem hat er keine Beine, sondern fährt auf drei Rädern. Seine Arme und Hände sind auch viel realistischer als bei Nao und seine »Augen« um einiges glubschiger. Und auf seinem Bauch hat er ein Tablett montiert. Aus dem selben Entwicklerhaus stammend, ist Pepper aber auch nicht für Kinder, sondern für den Handel konzipiert. Darauf programmiert, Menschen und deren Mimik und Gestik zu analysieren und Emotionszustände zu reagieren, ist er vielleicht der Verkäufer der Zukunft. Gerade zu erleben, ist das im »ShoppingLab« der Stadt -Aachen. Zwischen Nao und Pepper liegt deshalb auch ein deutlicher Preisunterschied: 20.000 Euro kostet so ein Einzelhandelsroboter.

Auch wenn Pepper schon um einiges menschlicher ist als jetzt beispielsweise Nao, sind die beiden doch eher eine nette technische Spielerei, als eine Gefahr für die Menschheit. Anders sieht das vielleicht bei den Entwicklungsständen von Übersee aus. »Die Roboter von Boston Dynamics zum Beispiel sind wirklich krass«, so Nor. In der Tat. Da werden Saltos gemacht, hundeartig aussehende Drahtmaschinen kraxeln über Hügel und machen sich gegenseitig Türen auf. Sollte man sich mal ansehen.

»Bei uns sind das im Gegensatz dazu ja nur Spielereien, um Kinder an die künstliche Intelligenz ranzuführen.« Das macht das Schülerlabor übrigens nicht nur mittels Nao und Pepper, sondern auch mit einem Fahrsimulator für autarkes Fahren und einer Lego-Bastel-HTML-Lernspielerei.

Bis wir von den Robotern übernommen werden, dürfte es also noch ein wenig dauern. Immerhin fliegen wir auch immer noch nicht auf Hoverboards durch die Gegend wie schon vor 30 Jahren prophezeit wurde. Und doch: In der Halle gegenüber wird fleißig an einem Roboterarm für die Automobilindustrie gearbeitet. Alles streng geheim. Sowohl der Entwicklungsstand, als auch der Auftraggeber. Aber wir sind wohl – noch – safe. Und so lange spielen wir eben mit Nao. Ist halt einfach auch ein Süßer. \

robo-scope.de

Nao wird vom Schülerlabor RoboScope bei »5 vor 12 – Die RWTH-Wissenschaftsnacht« am 9. November präsentiert.