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Eupen Musik Marathon 2017: Uruz beatboxt in den Straßen.

Von Dieter Comos

An acht Bühnen wird sich dieses Jahr beim Eupen Musik Marathon die musikalische Action abspielen.  Bei der Erkundung der innerstädtischen Festivallandschaft  sorgen drei Straßenmusik-Acts an den zusätzlichen Spielorten Gospert und Marktplatz für den Kick zwischendurch. Einer von ihnen ist der Beatboxer und belgische Vizemeister Uruz. Im Interview spricht er über seine Kunst, Trap und seine Übungspraktiken.

Was sieht beatboxing in der Straße bei dir aus?  Interagierst du mit dem Publikum? Ist das was du machst eine Show oder ein 20-minütiger Freestyle ?

Meine Show ist im Grunde ein sehr gut vorbereiteter Freestyle. Ich kenne genau die Beats, die ich den Leuten zeigen will, aber die Füller und Übergänge sind nicht dieselben in jeder Show. Ich versuche auch zu fühlen was das Publikum will. Wenn ich spüre, dass sie House mögen, dann halte ich diese Beats etwas länger. Man kann es mit der Arbeitsweise eines DJs vergleichen.  Manchmal frage ich sie regelrecht was sie hören wollen, aber in den meisten Fällen ist es viel interessanter, wenn man mit Gesten fragt. Denn jedes Mal, wenn man redet, hört der Beat auf und das darf nicht zu oft passieren.

Was inspiriert dich zu neuen Beatboxsounds? Ich tippe mal, dass Maschinenklänge durch den Dubstep-Einfluss Einzug ins Repertoire vieler Beatboxer gehalten haben. Wie würdest du deinen Stil beschreiben und was ist gerade der heißeste Trend im Beatboxing ?

Meine größte Inspiration beim Entwickeln neuer Sounds sind andere Beatboxer. Ja, in der Tat, dank Dubstep und davor noch drum’n’bass, Techno und anderer elektronischer Musik, sieht die  Sound-Bibliothek von jüngeren Beatboxern anders aus als die der Älteren. Ich würde mich als Allrounder bezeichnen. Aber lass mich erklären warum, weil ich nicht als jemand rüberkommen möchte, der alles macht. Viele Beatboxer konzentrieren sich auf einen Stil. In diesem Stil  gehören sie dann zu den Besten. Ich versuche meine Aufmerksamkeit aufzuteilen. Darum bin ich nicht der Beste in einem speziellen Stil. Wenn ich aber meine Aufmerksamkeit teile, dann habe ich mehr Möglichkeiten interessante Shows für ein Publikum zu spielen, das nicht so tief mit dem Beatboxen verwurzelt ist wie ich selbst. Wenn ich auf einer Dubstep-Party bin, kann ich Dubstep  spielen. Auf einer Techno-Party kann ich Technoklänge bringen. Der frischeste Style im Beatboxing zur Zeit ist Trap. Die frischesten Sounds sind „liprolls“ und der „inward bass“. Unbedingt anschauen sollte man sich auch die Künstler mit Loopstationen. Ich finde, dass Loopstation-Battles die erstaunlichste neue Sache war, die ich dieses Jahr in der Beatbox-Szene gesehen habe. Ich bin nicht der einzige der das sagt.  Es war so inspirierend. Die Jugendlichen werden das dank Social Media bald drauf haben.

Übst du täglich beatboxing ? Welche Praktiken helfen dabei sich als Beatboxer weiter zu entwickeln ?

Ja, es kommt sogar vor, dass mir nicht auffällt, dass ich beatboxe. In manchen Fällen kommt das fälschlicherweise so rüber als ob ich angeben möchte. Natürlich muss man zunächst Sounds üben und nicht zu schnell zufrieden sein mit einem Sound. Danach kann man anfangen Schritt für Schritt die ersten Beats zu kreieren. Es ist besser einen einfachen, vernünftigen Beat hin zu kriegen, als einen schlechten schnellen. Ich selber gehe laufen und schwimmen. Mein Stil ist sehr dynamisch, darum muss ich eine gute Kondition aufbauen. Ich bin auch zur Musikschule gegangen und das würde ich auch jedem Beatboxer empfehlen. Man entwickelt dort das Verständnis für die Rhythmen, die man mit dem eigenen Mund macht und so wird es einfacher neue Ideen zu entwickeln. Man kann natürlich noch viel mehr machen: Gesangsstunden nehmen, vielleicht auch einer Theatergruppe beitreten. Es hängt alles davon ab, was du mit deinen Beatboxfähigkeiten machen willst. Es ist wie mit allem im Leben. Man muss sich entscheiden.  Es fehlt einfach die Zeit, um all diese Aktivitäten im Alltag unterzubringen.

Welche Beatbox-Routinen übst du regelmäßig, um auf der Höhe zu bleiben?

Wenn ich übe, übe ich meistens Sachen, die ich nicht auf der Bühne verwende. Ich weiß, das hört sich seltsam an, aber auf der Bühne mache ich nur Sachen, die ich ohne nachzudenken raushauen kann.  Ich habe über das Material eine 200 prozentige Kontrolle. Manchmal übe ich ein ganzes Jahr für eine neue Sache. Wenn ich die neuen Elemente zu 200 Prozent beherrsche, nehme ich sie in mein Bühnenprogramm auf. Darum ändert sich meine Show auch nur sukzessiv. Ich weiß, andere Musiker machen das anders. Sie bringen ein neues Album raus und alles ändert sich. So aber bewahre ich mein Selbstbewusstsein auf der Bühne und so kann ich mich auf andere Dinge als nur auf  Beats fokussieren.  Ich denke da an die Punkte Bühnenpräsenz oder Interaktion mit dem Publikum.

Was ist deine Definition von Flow und was hast du im Laufe deiner Karriere über diesen besonderen Zustand gelernt ?

Ich denke, einen guten Flow zu finden ist die dritte Stufe beim beatboxen. Zuerst sollte man die grundlegenden Sounds beherrschen.  Danach kreiert und lernt man die Rhythmen in Verbindung mit Atemtechniken. Und dann, wenn man die eigenen Beats immer wieder  wiederholt hat, findet man seinen eigenen Flow. Flow ist etwas das schon in einem steckt. Er muss nur rauskommen. Man kann es nicht wirklich lernen. Ich kenne Beatboxer, die 30 verschiedene Sounds können, aber ich fühle ihren Flow nicht.  Ich kenne aber auch Beatboxer, die einfach nur drei Grundklänge (Kick, Snare, Hihat) lernen und damit voll rocken.  Das mag ich lieber, weil es so mühelos rüberkommt. Darum liebe ich auch Freestyles. Es ist ein Zustand bei dem du nicht denkst und bei dem alles natürlich fließt. Darum gebrauche ich auf der Bühne eben auch nur Material, das ich zu 200 Prozent kenne.