Tobias Löhrer (26) hat den Beruf seines Vaters auch zu seinem eigenen gemacht. Heute ist er der hauptberufliche Hufschmied der Familie. Ein anstrengender Job. Bei Wind und Wetter. Aber auch einer, der viele Freiheiten bietet. Für ihn die richtige Entscheidung.
TEXT UND FOTOS CHRISTINA RINKENS
Als ich fünf war, musste ich mal einem Jungpferd hinterherlaufen.« Ein Erlebnis, das den jungen Tobias prägte. Viele Jahre lang. Denn danach bedeutete das Erlebnis erst einmal, dass Tobias Berührungsängste mit den großen Tieren hatte. Nicht gerade praktisch, wenn man doch auf dem elterlichen Islandpferdehof der Familie in Roetgen aufwächst. »Ja, ich hatte eine schwere Kindheit«, schmunzelt Tobias.
Heute ist von Berührungsängsten rein gar nichts mehr spürbar. Große Pferde, kleine Pferde. Sie alle jagen ihm keine Angst mehr ein. »Wichtig ist einfach ein ruhiger und besonnener Umgang mit dem Pferd. Probleme gibt es selten.« Die meisten Pferde sind schmiedefromm und an den Vorgang gewöhnt: die alten Eisen werden abgenommen, Beschneiden des Hufs und Hufpflege, das Anpassen und spätere Festmachen des neuen Beschlags. Viel Arbeit. Jedes Pferd ist anders, jeder Huf auch. Steht das Pferd stumpf oder spitz? Wie ist sein Körperbau? »All das muss beim Beschlag beachtet werden«, erzählt Tobias, während er einem 83.000 Euro teuren Dressurpferd in einem Sportstall die neuen Eisen anpasst.
Körperlich sehr anstrengend ist die Arbeit des Hufschmieds außerdem. Die Arbeit am Huf wird in überwiegend gebückter Haltung verrichtet. Und eingeheizt wird dem Hufschmied dabei auch noch ordentlich. Immerhin wird das Hufeisen im 800 Grad heißen Ofen erhitzt. Besonders an heißen Sommertagen nicht wirklich angenehm, ab 30 Grad Außentemperatur fast nicht mehr zumutbar. Die einzigen Tage, an denen Tobias seine Berufswahl bereut, sind aber stürmische Regentage. »Wenn Regen und Wind durch die Stallgasse fegen, das ist wirklich nicht angenehm.«
Aber bis auf diese seltenen Augenblicke, hat Tobias seine Berufswahl nie bereut. Von vornherein stand aber nicht fest, dass er wie sein Vater Hufschmied werden würde. Für seine Familie war die Entscheidung eine Überraschung. Doch für Tobias stand nach der Schule der Weg fest. Und der führte ihn erst einmal in einen Betrieb nach Eschweiler. Denn um Hufschmied zu werden, ist zuallererst eine Ausbildung im Handwerk nötig. »Natürlich bietet sich da ein Metall verarbeitender Beruf mehr an, als zum Beispiel eine Ausbildung zum Bäcker.« Ginge aber auch.
Bei Tobias wurde es Konstruktionsmechanik. Nach seiner Ausbildung wurde ihm sogar eine sehr gute Übernahme angeboten. Alle rieten ihm, anzunehmen. Doch sein Weg führte weiter in die Fortbildung zum Hufschmied. Beim eigenen Vater. Ob das nicht manchmal schwierig war, so eng zusammenzuarbeiten? »Wir gehen als Kollegen anders miteinander um, als wir das Zuhause als Vater und Sohn tun würden.«
Auch heute geht Tobias oft mit seinem Vater gemeinsam auf Tour durch die Reitställe der Region. Doch den Betrieb hat inzwischen er übernommen, der Vater ist jetzt beim Sohn als Aushilfe angestellt. So konnte Tobias auch den großen Kundenstamm übernehmen. Den aufzubauen, ist die erste Hürde im Berufsleben eines jungen Schmieds. Einmal einen guten Ruf erarbeitet, gibt es aber Arbeit genug. Manche Aufträge müssen sogar abgewiesen werden. Ein festes Pensum, wie viele Pferde er in der Woche beschlägt, hat Tobias nicht. Zehn Pferde am Tag zu beschlagen, das ist nicht möglich. Hinzu kommen die teils langen Anfahrtszeiten. Und Wochenendarbeit. Da muss man schon gerne unterwegs sein und seinen Job mögen. »Gestern war ich erst um neun Uhr zuhause, das kommt vor.«
In seiner Freizeit spielen Pferde inzwischen wieder eine wichtige Rolle. Am Wochenende geht’s oft auf Islandpferdeturniere. Mit seiner Freundin, auch Reiterin, hat er gerade ein Haus in der Nähe des elterlichen Hofs gekauft, das jetzt renoviert wird. Und nebenbei züchtet er mit einem Freund vielleicht gerade einen künftigen Weltmeister, ein Islandpferdefohlen. Gut also, dass er sein Kindheitstrauma überwunden hat. »Ich bin zufrieden, ich bin viel unterwegs und an der frischen Luft. Ein Bürojob wäre für mich nichts gewesen.« \
Informationen zur Ausbildung zum Hufschmied
Um Hufschmied zu werden, ist erst eine berufliche Vorbildung in Form einer abgeschlossenen Ausbildung im Handwerk nötig.
Wenn diese im Metallhandwerk absolviert wurde, kann die darauffolgende zweijährige Begleitung eines erfahrenen Hufschmieds verkürzt werden.
Zusätzlich absolviert man eine viermonatige Fachschulphase an einer staatlich anerkannten Hufbeschlagsschule. Diese Theoriephase verlängert sich auf bis zu 16 Monate, wenn sie nur in Teilzeit absolviert wird. Außerdem gibt es einen vierwöchigen Einführungslehrgang, in dem sowohl der Umgang mit sensiblen Pferden geübt wird, als auch der mit den Auftraggebern, den Reitern.