Penisspaltungen, absichtliche Vernarbungen, abgeschnittene Ohrläppchen – bei Deep Metal Piercing in Dortmund kennt man in Sachen »Body Modification« fast keine Grenzen. Studio-Besitzerin Andrea Venhaus über das vierte Bedürfnis des Menschen.
INTERVIEW JULIA BRÜLS UND MARY JUNKER
Andrea, was versteht man eigentlich unter Body Modification?
Body Modification ist jede beabsichtigte Veränderung des Körpers. Das fängt an bei Frisuren, Make-Up, Brustvergrößerungen – oder auch den deformierten Füßen der Chinesinnen. Heute würden die meisten Leute darunter Tattoos, Piercings, Zunge spalten und dergleichen verstehen. Dabei ist das nur ein kleiner Teil.
Und was für Sachen machst Du hier im Studio?
Eigentlich alles, was als Body Modification im modernen Sinne definiert wird. Das heißt Zunge spalten, Brandings, Cuttings, Micro Dermals, Implantate bis hin zu Spaltungen im Genetalbereich, am Penis oder so …
Wie geht denn so eine Penisspaltung vonstatten?!
Der Penis wird eingeschnitten und dann vernäht. Hier kann man den Kauter benutzen, ein Elektroskalpell, das auch für Brandings benutzt wird. Wenn man dann weiß, dass eine Stelle stark blutet, wird mit der Schere weitergemacht, im Anschluss dann vernäht. Danach legt man ein Stück medizinisches Silikon dazwischen, damit das nicht wieder zusammenwächst. Je nachdem, wie groß die Spaltung sein soll, muss man den Eingriff in vier bis zwölf Sitzungen durchführen, wegen des vielen Bluts.
Und was hat so eine Penisspaltung dann für eine Funktion? Angeblich wurde so etwas früher ja zu Verhütungszwecken gemacht …
Das kann ich mir nicht vorstellen, dass nur mal jemand den Gedanken hatte, das könnte was bringen. Ein Bekannter von mir hat sich den Penis bis zur Wurzel gespalten und damit ein Kind gezeugt. Der Sinn liegt in einer massiven erotischen Gefühlssteigerung für Männer. Das Gewebe außen ist ja schon sehr sensibel, und das innere noch viel mehr. Außerdem bewegt sich die Eichel ja auch beim Sex – und das merkt die Frau. Es ist eine sehr funktionelle Bodymod.
Gibt es etwas Ähnliches auch für Frauen?
Extrem selten. Das kenne ich bisher nur von Bildern. Mit einer Ausnahme, da müsste man mal abwarten, ob das jetzt der neue Trend wird, ich habe noch leise Zweifel. Wir kennen bisher weltweit drei Trägerinnen. Das ist ein Magnet-Implantat direkt unter dem Kitzler. Diese gibt es schon länger, aber üblicherweise setzt man sie am Finger ein, was in der Praxis eine interessante Auswirkung hat, eine Art sechster Sinn für magnetische, elektrostatische Felder. Und man staunt, was alles elektromagnetische Felder verursacht. Jeder verdammte ICE! Wenn es frisch ist, eher meiden, kann wehtun! Im Intimbereich reagiert der Magnet natürlich auch. Letztlich bewegt sich ein Magnet, wenn er auf ein anderes magnetisches Feld stößt. Und das führt dazu, dass er schwingt, Reizungen verursacht – und das fühlt man. Wenn das Feld zu stark ist, fängt er an zu rotieren und das ist nicht unbedingt lustig. Es kann passieren, dass man dann im Zug die ganze Zeit befriedigt wird, auf Dauer kann das permanente Bewegen des Implantates aber schmerzhaft werden.
Gibt es ein Risiko?
Also zum einen das Risiko, dass man etwas beschädigt, was man nicht beschädigen sollte. Eine wichtige Ader durchtrennt oder ähnliches. Das wesentlichere Risiko liegt meiner Meinung nach eher im Bereich von Entzündungen. Das ist eine Frage der Sorgfältigkeit und steriler Arbeit, und natürlich wie gut der Träger später damit umgeht. Das sterilst gemachte Etwas bringt am Ende nichts, wenn der Träger mit dreckigen Fingern daran rumpatscht.
Letzte Frage: Was ist das extremste, das Du bisher gemacht hast?
Schwer zu sagen. Ich finde das liegt im Auge des Betrachters. Der eine findet Zunge spalten völlig harmlos, kann aber nicht verstehen, wie man sich ein Implantat am Penis machen lassen kann. Der andere sieht darin mehr Sinn, weil da wenigstens er und die Frau was von haben und denkt: Wie kann man sich nur die Zunge spalten lassen? Ich finde eine Definition von »extrem« sehr schwierig. \
(Erstmals erschienen in Klenkes NEO 8 »Extrem«)
Fotos: Deep Metal Piercing