Ex-Bundesliga-Kicker Benjamin Adrion unterstützt mit seiner Hilfsorganisation Viva con Agua weltweit Wasserprojekte. Engagierte Aachener Schüler organisieren sich momentan, um die nächste lokale »Zelle« zu werden.
VON SEBASTIAN DREHER
Kaum eine Hilfsorganisation punktet bei jungen, engagierten und politisch nach links tendierenden Jugendlichen so wie Viva con Agua (VcA), die sich in Kooperation mit der »Welthungerhilfe« weltweit für die Verbesserung sanitärer Anlagen und der Trinkwasserversorgung einsetzt.
Kein Wunder, macht das „offene Wasser-Netzwerk“ doch vor allem bei Musik- und Sportveranstaltungen sowie durch abgefahrene Guerilla-Aktionen auf sich aufmerksam. Gegründet hat die Initiative Benjamin Adrion, ehemals Profi-Fußballer beim FC St. Pauli. Somit sitzt auch die Hauptzelle von Viva con Agua in Hamburg – und nicht etwa in Argentinien, Mexiko oder einem anderen spanischsprachigen Land, wie der Name vermuten lassen könnte.
Beim Festival mit dem Schlauchboot über die Menge
Eine von Adrion erdachte Taktik ist es, die Besucher von Großveranstaltungen dazu zu bringen, den jungen Aktivisten ihre Trinkbecher und damit den zuvor gezahlten Pfand zu überlassen. Bei diesen ungewöhnlichen Spendensammel-Aktionen wird die Organisation von Künstlern wie den Ärzten (Bela B sitzt im VcA-Vorstand), Peter Fox, Gentleman, Thees Uhlmann und vielen mehr unterstützt – und wenn Bands dieses Formats ihre Fans von der Bühne aus auffordern, den Becher bei VcA abzugeben, kommt ganz schön was zusammen.
»Viva con Agua passt gut zu uns«, haben sich die drei Aachener Schüler Christoph Zeevaert sowie Shayli und sein Bruder Taysu Khozaini gedacht, als sie die Organisation beim vergangenen Summerjam-Festival in Köln kennenlernten. »Das war cool, die haben zum Beispiel ein Schlauchboot über die Menge treiben lassen, da konnte dann jeder seinen Becher reinwerfen.«
Drei Aktionen für den Beitritt
Eine Chance, sich sozial engagieren zu können, haben die drei schon lange gesucht. »In unserem Freundeskreis wünschen sich viele eine Möglichkeit, neben der Schule etwas Sinnvolles zu machen«, beschreibt es Taysu. Und weil bei Viva con Agua neben dem eigentlichen Helfen auch noch der Coolness-Faktor eine große Rolle spielt – und ganz nebenbei Irie Révoltés, die Lieblingsband der Drei, ein glühender Unterstützer des Netzwerkes ist –, kam bei Christoph, Shayli und Taysu die Idee auf, eine neue VcA-Zelle in Aachen zu gründen.
»Um eingetragen zu werden, müssen wir mindestens drei Aktionen organisieren«, erklärt Christoph. Die erste Gelegenheit gab es bei der Wiedereröffnung der Kultureinrichtung KingzCorner. »Wir haben uns mit einem Stand präsentiert und die Leute über VcA informiert.« Fürs erste nicht schlecht – allerdings wollen sie in Zukunft größere Räder drehen, mehr Leute erreichen.
»Zu sehen, wie unser Engagement hier in Deutschland den Menschen dort hilft – das stellen wir uns ziemlich beeindruckend vor.«
»Wir denken, dass sich Konzerte und Laufveranstaltungen gut eignen«, erklärt Shayli. »Vielleicht auch Partys – aber da sind die Leute eher aufs Feiern aus und haben wenig Lust, sich über die Probleme der Welt Gedanken zu machen.« Kontakt zu einigen Locations haben sie schon aufgenommen, doch sie werden wohl das nächste Frühjahr abwarten, wenn das Wetter wieder besser wird.
Rund 20 Aktive hat die Aachener Zelle bereits, dazu kommen noch jede Menge Sympathisanten. Der Gradmesser Facebook zählt 68 Mitglieder – da ist noch Luft nach oben. Doch man steht ja noch ganz am Anfang, jetzt heißt es erst mal: bekannt werden.
Christoph, Shayli und Taysu wollen es nicht bei dem lokalen Engagement belassen. »Nach dem Abi möchte ich ein Freiwilliges Soziales Jahr machen«, sagt Christoph. »Am liebsten in Uganda, wo einige Projekte von VcA und Welthungerhilfe realisiert werden.« Und auch Shayli und Taysu können sich vorstellen, nach der Schule ins Ausland zu gehen, um vor Ort mitzuhelfen. »Zu sehen, wie unser Engagement hier in Deutschland den Menschen dort hilft – das stellen wir uns ziemlich beeindruckend vor.« ///
ZUR INFO:
2006 in St. Pauli gegründet, besteht Viva con Agua (VcA) mittlerweile aus vielen so genannten »Zellen«, die eigenständig Aktionen veranstalten und Spenden sammeln. Dabei liegt ein Schwerpunkt auf Großveranstaltungen, bei denen vor allem durch Becherpfand Geld zusammenkommt. Laut Wikipedia wurden seit Gründung über zwei Millionen Euro eingenommen, mit denen VcA in Kooperation mit der »Welthungerhilfe« Projekte für die Verbesserung der Trinkwasserversorgung und der Verfügbarkeit sanitärer Anlagen umsetzt.
Ein weiteres Standbein ist das 2010 auf den Markt gebrachte Mineralwasser »Viva con Agua«. Aus dessen Verkaufserlösen werden jetzt schon regelmäßig Beträge für Spenden abgezweigt, in Zukunft sollen sogar mindestens 60 Prozent der Gewinne in die Wasserprojekte fließen. »Wir haben den ‚Break-Even‘ – also den Punkt, ab dem wir wirtschaftlich arbeiten können – vor kurzem erreicht«, freut sich VcA-Gründer Benjamin Adrion, ehemals Bundesliga-Fußballer beim FC St. Pauli, auf Anfrage von NEO.
In Aachen ist das Mineralwasser bislang nur beim Getränkelieferservice »Durstlöscher« zu haben, zwölf Literflaschen PET für rund zehn Euro. Allerdings: Sollte der Absatz nicht stimmen, verschwindet das Produkt schnell wieder aus dem Sortiment.
LINK: www.vivaconagua.org