Wer bei Kunstflieger Walter Kampsmann einsteigt, muss starke Nerven haben. Der Lohn sind unvergleichliche Gefühle und eine nie für möglich gehaltene Aussicht. KLENKES-Redakteurin Kira Wirtz hat sich dem »Thrill Ride« gestellt.
VON SEBASTIAN DREHER
Der Motor brüllt auf und nur einen kurzen Augenblick später schießt die Maschine vom Typ Extra 330 LX pfeilschnell über die Startbahn des Flugplatzes Merzbrück, hebt ab, gewinnt jedoch nicht an Höhe. Bedenklich knapp vor einer Baumreihe (vom Boden aus gesehen) zieht der Pilot die Maschine nahezu senkrecht in die Höhe. »Beim Thrill Ride muss schon der Start Nervenkitzel sein«, wird Walter Kampsmann später sagen.
Der Pilot und Kunstflieger ist sozusagen im Flugzeug geboren – die 1960 von seinem Vater gegründete Flugschule »Westflug Aachen« hat er vor fünf Jahren übernommen, seit 1988 betreibt er die Kunstfliegerei und war Mitglied der Deutschen Nationalmannschaft in dieser Sportart. 1991 wurde er Deutscher Meister und Dritter bei den Europameisterschaften. Neben seinem Luftfahrttechnischem Betrieb bietet Kampsmann Mit- und Rundflüge an, aber auch Kurse für Verkehrsflugzeugführer, die meinen, ihr Basiswissen aufzufrischen – und natürlich den »Thrill Ride«.
»Das Flugzeug kann auch geradeaus fliegen«, beruhigt der 53-Jährige KLENKES-Redakteurin Kira Wirtz, die sich auf das luftige Abenteuer eingelassen hat. »Und ich werde nach jedem Manöver fragen, wie es dir geht.«
Rollen, Trudeln, Überschlag
Hoch am Himmel geht es los mit seitlichen Rollen, dann kommt ein Looping, später eine Rollenkehre, das Trudeln und als Highlight der »Turn« – oder besser: »Hammerhead-Turn«. Bei dieser Figur zieht die Maschine senkrecht nach oben, um irgendwann seitlich abzukippen und mit bis zu 400 Kilometern pro Stunde Richtung Erdboden zu rasen. Als die Maschine wieder geradeaus fliegt und sich Kiras Atmung beruhigt hat, sagt Kampsmann. »Jetzt ist das Kinderprogramm zu Ende. Jetzt fliegen wir alle Figuren hintereinander ohne abzusetzen.«
Je nach Manöver können dabei mehrere G auf dem Körper lasten. Mit einem »G« ist das »normale« Körpergewicht gemeint, drei »G« etwa bedeuten, dass die dreifache Last wiegt. »Es ist sehr unterschiedlich, wie die Leute das wegstecken«, erklärt Kampsmann. »Oft ist es so, dass die mit den zitternden Knien cooler bleiben, und die Großspurigen abbrechen.« Mögliche Begleiterscheinungen bei G-Belastungen können Gesichtsfeldeintrübungen und Übelkeit sein – für das letztere gibt es leicht erreichbare Spucktüten. »Die werden selten benutzt – und selbst wenn: daneben gekotzt hat in den ganzen Jahren noch keiner.« Und wie steht es mit der Sicherheit. »Das Flugzeug ist eins der sichersten Verkehrsmittel. Hier in Merzbrück wird seit fast 100 Jahren geflogen und es gab noch keinen Personenschaden.«
5,9 G und Spaß dabei
Kira schafft es bei ihrem Flug auf stattliche 5,9 G, und die Begeisterung ist ihr nach der Landung ins Gesicht geschrieben. »Das war wahrscheinlich das Coolste, was ich je gemacht habe. Wann kann ich noch mal fliegen?« Eigentlich immer – nur dass sie nächstes Mal bezahlen muss. Und ganz billig ist das nicht, wie man auf der Homepage nachlesen kann. Darum wird der »Thrill Ride«, aber auch alle anderen Arten von Rundflügen, gerne als besonderes Geschenk gebucht, als Junggesellenabschieds-Highlight oder als Firmenevent – Gutscheine sind ein halbes Jahr gültig.
Einschränkungen, wer mitfliegen kann, gibt es kaum. Man sollte über 14 Jahre (»Mein ältester Kunde war 89 Jahre«), nicht zu groß und nicht gesundheitlich eingeschränkt sein. Empfohlen werden Turnschuhe und nicht zu enge Kleidung. »Um in den Sitz zu kommen, muss man etwas gelenkig sein«, weiß Kampsmann. »Ich hatte mal eine Fernsehredakteurin hier, die hatte einen Minirock an. Das wurde spätestens beim Anschnallen etwas peinlich.«