Magazin

Waldkampf für Liebe und Anarchie

Die Umwelt-Aktivisten leben seit etwa einem Jahr in einem Camp im Hambacher Forst.

Rund 50 Umweltaktivisten besetzen seit einem Jahr Teile des Hambacher Forsts. Hier will der Waldbesitzer und Energieriese RWE zur Kohlegewinnung Bäume abholzen. Die Schar der Revoluzzer lebt in einem Camp am Rande des Waldes und wehrt sich mit verschiedenen Aktionen gegen den »Raubbau an der Natur«. Einer von ihnen ist der 29-jährige Luca aus Hannover. INTERVIEW: NATHALIE WIMMER FOTOS: DAVID HAGEMANN Wofür kämpfst du? Das ist in drei Worten eine sehr komplizierte Frage. Darauf kann ich nicht antworten, ohne weit ausholen zu müssen oder Wesentliches auszulassen. In Kürze nur soviel: Es gibt auf dieser Welt viel Wahnsinn – so wie das zerstörerische Wirtschaftssystem, von dem wir umgeben sind, der heuchlerische Staatsapparat, von dem wir unterdrückt werden, und das entwürdigende Menschenbild, das alles und jeden in Schubladen steckt und bewertet. Diese Dreieinigkeit von Normierung, Staat und Kapital macht alle ihre Untertanen zu Verrückten. Ich versuche nur nach Kräften, etwas Vernünftigeres zu tun, als mich ihr zu unterwerfen. Ich kämpfe für mehr Freiheit und ein selbstbestimmtes, eigenverantwortliches Leben. Für Liebe und Anarchie. Das romantische Revoluzzerbild wird etwas verklärt. Was ist das härteste in deinem Alltag im Camp? Kalte, dunkle Schnee- oder Regentage, wobei jeder Sonnenstrahl es wieder wettmacht.

Klicken, um das Bild zu vergrößern

Was ihr tut, streift und überschreitet manchmal die Grenze des Legalen. Ist das der richtige Weg? Meiner Meinung nach sollten bestehende Gesetze immer wieder hinterfragt werden, denn nur weil sie bereits seit einer langen Zeit existieren, heißt es nicht, dass sie deshalb sinnvoll sind. Um das an unserem Beispiel zu verdeutlichen: Wenn RWE diesen Wald zerstört, um Braunkohle abzubauen und zu verbrennen, und damit sowohl die regionalen Lebensgrundlagen zerstört, als auch das Weltklima und die Gesundheit der Menschen, dann ist das zwar rechtsstaatlich legal. Trotzdem können wir, wie wir es auch drehen und wenden, keine Legitimität dafür erkennen. Wenn wir diesen Wald besetzen, ist das zwar nach den herrschenden Gesetzen nicht legal. Ihre Legitimität bezieht die Aktion aber daraus, dass sie versucht, der Wald- und Weltzerstörung durch RWE etwas entgegenzusetzen. Wie reagierten Familien- und Freundeskreis auf deine Entscheidung, diesen ungewöhnlichen Weg zu gehen? Mir kommt Unterstützung entgegen, auch wenn sie stark von Sorge getragen ist. Sorge vor Sicherheitsverlust und auch Sorge vor psychischer und physischer Gewalt hinsichtlich aufkommender Repressionen. Im Allgemeinen wünschen sich die Menschen aus meinem näheren Umfeld, dass ich das mache, was mich glücklich macht. Und das tue ich. Gibt es Vorbilder in deinem Kampf als Umweltaktivist? Nein, ich lebe nach dem DIY-Prinzip (Do It Yourself, d. Red.) und finde, jede Person sollte ihr eigenes Vorbild sein.

Klicken, um das Bild zu vergrößern

Ist euer Einsatz ein Kampf gegen Windmühlen? Wir werden immer Rückschläge, Repression und Gewalt gegen uns in Kauf nehmen müssen, wenn wir Missstände aufzeigen, bei denen nur wenige, welche von der Umweltzerstörung profitieren, ihre Position verlieren können. Aber ein Kampf gegen Windmühlen ist es nicht. Im Gegenteil: Es ist lediglich ein langsamer Prozess, der langsam Bewusstsein schafft.  \ ERSTMALS ERSCHIENEN IN KLENKES NEO 10 »REBELLION« BILDER AUS DEM PROTEST-CAMP