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Schwiegermütter in spe

DAS BÖSE MÄDCHEN

Layout 1

Illustration: Malte Pferdmenges

Es gibt eigentlich nichts Schöneres, als neu verliebt zu sein. Da ist alles rosarot, man kennt noch keine verdammten Ticks und Macken an dem neuen Typen, man mag noch dieselbe Musik und er vergleicht dich noch nicht mit deiner Mutter.

TEXT: KIRA WIRTZ

Man treibt irre Sachen, die viel Spaß und wenig Sinn ergeben, es ist die einzige Zeit, in der es dir der restliche Freundeskreis nicht übel nimmt, dass du für ein paar Wochen regelrecht als verschollen giltst.

Doch dann kommt irgendwann das Unvermeidliche, das meiner Meinung nach Schlimmste überhaupt und definitiv der Punkt, an dem man sich entscheiden sollte, ob es die momentane Verliebtheit wert ist. Er wird sagen: »Komm, ich stell dich meiner Mutter vor!« Wenn dieser Satz fällt, schrillen bei mir alle Alarmglocken. Ab dann überlege ich, ob ich mich nicht lieber schleunigst von ihm trennen sollte.

Nicht, weil mir das alles zu schnell geht oder irgendwelche anderen beziehungsklaustrophobischen Zwänge auftreten. Nein, das ist es nicht. Es ist vielmehr die Angst des vollkommenen Versagens. Denn eins ist klar: Seine Mutter wird mich – gelinde gesagt ­ nicht mögen. Und wenn man sich die Sache mit seiner Mutter einmal verscherzt hat, wird es echt anstrengend. Wo das eigentliche Problem liegt, weiß ich nicht. Nur eins weiß ich: Es muss mit mir zu tun haben. Und das versteh’ ich gar nicht. Eigentlich müssten Mütter mich lieben. Ich bin klein, auf den ersten Blick immer freundlich und nie aufdringlich.

Aber dennoch: Die Mütter meiner Exfreunde fanden mich (fast – und das sage ich, damit sich hier jede der genannten Damen nicht angesprochen fühlen kann) alle ätzend. Beispiele: Irgendwann hatte ich das erste Mal einen richtig festen Freund. Und der hatte natürlich auch eine Mutter. Und die war der Meinung, dass die letzte Freundin irgendwie besser zu ihrem Sohn gepasst hat. »Also die Hanna hat sich ja immer so gut mit Tante Ruth verstanden!«, »Also die Hanna hat mir ja immer was von unserem Lieblingsbäcker mitgebracht!«, »Also die Hanna ist ja nicht immer bis in die Puppen geblieben und hat das ganze Haus aufgeweckt, um nachts die Haustüre zuzuknallen!« Das hat damals ziemlich an meinem Ego gekratzt. Und ich habe versucht, die Treffen zwischen Freund und mir weitestgehend bei meinen Eltern stattfinden zu lassen.

Beim nächsten Freund war die Sachlage ein wenig anders. Er hatte eine eigene Wohnung. Allerdings neben seinen Eltern. Diese Mutter fand mich scheinbar zu jung für ihren Sohn und hat sich ebenfalls keine Situation entgehen lassen, um das vor dem Rest der Sippschaft lauthals zu verkünden. »Ach Kira, das lässt du wohl besser mich entscheiden. Da kannst du noch gar nichts zu sagen, du bist doch noch viel zu jung!« Das führte soweit, dass ich mich immer still und heimlich in seine Wohnung rein und auch wieder raus geschlichen habe. Was das Verhältnis zur Mutter nicht unbedingt verbessert hat.

Die Mutter eines weiteren Exfreundes hab’ ich dann in einer äußerst beklemmenden Situation – nämlich beim 2. Weihnachtstag-Festessen – kennen gelernt. Solche Großereignisse, wo man prima in familiäre Fettnäpfchen treten kann, meide ich, wenn’s geht, sogar bei meiner eigenen Familie. Aber hier war es unmöglich und da ich den zugehörigen Sohn wirklich sehr, sehr mochte, nahm ich mir fest vor, dieser Mutter gewaltig zu imponieren.

Und ich legte mich echt mächtig ins Zeug: Blumen, Pralinen, Smalltalk. Vater, Onkel und (aufgepasst!) Tanten, waren nach 10 Minuten absolut begeistert von mir. Was dann geschah, war allerdings ein wahrer Höllenritt. Serviert wurde von der Dame des Hauses: geschmortes Kaninchen. Mit folgendem Kommentar: »Ich wollte mal sehe, was du für eine bist. Mein Sohn hat mir gesagt, dein Kaninchen ist vor zwei Wochen gestorben. Nein wie traurig!« Kann so was sein? Ich kannte die Frau bis dahin überhaupt nicht. Und dann so was!

Bei einer weiteren Mutter ritt mich der Sohn bereits beim ersten Treffen knietief in den Mist. Man wollte meinen, dass ein 27-jähriger, der noch bei seinen Eltern wohnt, nicht verheimlichen kann, dass er seit Jahren seiner Leidenschaft fürs Kiffen ab und an nachging. Als dann aus seinem Zimmer dieser süßliche Duft trat, mit dem ich wirklich nichts zu tun hatte, beschuldigte mich die Mutter des dreisten Drogenkonsums unter ihrem Dach. Die Dame habe ich danach nicht ein weiters Mal besucht. Hier gebe ich zu, dass die Mutter nicht alleine die Schuld trug, sondern auch der Sohn.

Tja, es ist also wohl ziemlich verständlich, dass ich nicht den heißesten Draht zu Freundesmüttern habe und immer neidisch denjenigen meiner Freundinnen zuhöre, die sich mitsamt Freund – manchmal sogar ohne! – und Mutter zum Kaffee und Plaudern treffen.

Das Problem an diesen Müttern ist, dass man absolut nichts gegen sie machen kann. Wenn sie dich nicht mögen, hat man eben Pech. Um mir solche peinlichen Dinge zu ersparen, wiege ich seit Jahren ab, ob es die Beziehung wert ist, mich in dieses Mutterfiasko zu stürzen.

Bei meinem letzten Freund hatte ich das Gefühl, es lief echt gut. Zwar trafen wir uns nicht alleine zum Kaffee, aber ich dachte immer, wir könnten uns ganz entspannt unterhalten, wenn wir uns sahen. Für mich ein echt gutes Zeichen. Als ihr Sohn und ich uns dann trennten, war einer seiner letzten Sätze: »Und das mit dir und den Müttern stimmt! Meine Mutter konnte dich auch nie leiden. Wenn du nicht da warst hat sie dich immer ‚das böse Mädchen’ genannt.« \