Magazin

New York

ZEITLOS IM BIG APPLE

Layout 1

Illustration: Malte Pferdmenges

Als ich neulich in New York war… Haha, das hört ich gut an! Neulich in New York. Weltmännisch, beschäftigt, elitär. Nun ja, ganz so war’s vielleicht nicht. Aber so kamen wir uns vor. Zwei Mädchen, die lange gespart hatten und jetzt sieben wundervolle Tage in der schönsten Stadt der Welt erleben wollten.

TEXT: KIRA WIRTZ

New York City. Die Stadt, die niemals schläft. In der alles möglich ist. Ja, so hatten wir uns das vorgestellt. Schließlich waren wir bestens informiert, wie der ganz normale Alltag in Manhattan so ablief. Christina und ich können nämlich im Schlaf sechs Staffeln »Sex and the City« mitsprechen. Und daher hatten wir uns, nachdem der Flug und bevor das Hotel ausgesucht waren, als erstes um die Buchung der »Sex and the City Tour« gekümmert. Oh ja, wir würden Fotos von uns vor Carries Fenster schießen, Cosmopolitans trinken, Cupcakes essen und uns unzählige Drehorte ansehen. Für schlappe 50 Dollar.

An Tag drei sollte dann die große Fahrt stattfinden. Und der Tag fing super an. New York im Mai, strahlender Sonnenschein, ein riesiger Kaffee und dann ab in den Central Park. Das Leben genießen. Um 15 Uhr sollte unsere Tour beginnen. Abfahrt: Der Pulitzer-Brunnen vorm Plazza. Um auch wirklich pünktlich anzukommen, hatten wir uns bereits im Februar überlegt, ab 14 Uhr am Plazza zu sein, um dort noch einen völlig überteuerten Café zu trinken. Das Ganze war ein todsicheres Ding. Es konnte einfach nichts schief gehen. Meine Uhr tickte schließlich nach New Yorker Zeit.

So lagen wir im Central Park und beschlossen, noch kurz eine Runde shoppen zu gehen und kamen mit vielen Tüten unterm Arm beim Treffpunkt an. Da stand auch schon ein Bus bereit. Mehrere Mädels mit SATC-Guide-Shirts standen um den Brunnen und sammelten eine Vielzahl nervös wirkender Frauen und traurig daherblickende Männer ein, um sie in den Bus zu verfrachten.

Wir sind so ca. 15 Meter von unserem Ziel entfernt. »Schau mal! Da hinten sind die schon!«, brüllt Christina und versucht mit ihren fünf Riesentaschen schneller voranzukommen. »Komisch, ist erst viertel nach zwei. Das ist bestimmt ne andere Reisegruppe. Die französischsprachige vielleicht«, versuche ich den Umstand, nach einem Blick auf die Uhr, zu erklären. »Hm, naja, egal. In 40 Minuten sind wir dran.«

Also rein ins Plazza, her mit dem Café und pünktlich wieder raus zum Treffpunkt. »Komisch, noch kein neuer Bus da«, mault meine Freundin. Auch hier versuche ich es mit Logik »Ist ja auch ein dichter Verkehr heute, der kommt schon noch.« Aber weit und breit kein neuer Bus in Sicht. Auch nicht nach 10, 20 oder 35 Minuten. Wir kramten zum 10. Mal nach den Tickets, verglichen die Abfahrzeit mit der Treffpunktzeit, den Abfahrtsort noch mal mit der Straßenkarte. Kein Fehler. »NEIN! Du großer Gott, das glaub ich nicht!« kreischt Christina und fummelt mit ihrem Handy vor meine Nase rum. »Deine Uhr ist stehen geblieben!«

WAS? Uhren bleiben niemals stehen! Oder etwa doch? Ausgerechnet jetzt. Im Mai. In New York. An dem Tag. Bei der Tour! Beim Shoppen, muss ich an irgendetwas hängen geblieben sein, was mir so ca. 40 Minuten geraubt hatte. Ich bin den Tränen nah. »Und jetzt?« wispere ich. Unschlüssigkeit. Verzweiflung.

Wir müssen das Beste draus machen, beschließen wir. Meine Freundin hat auch schon eine neue Idee: »Schau mal da vorne ist Tiffanys.« Ein Armband und 100 Fotos später, ist das Drama zwar nicht vergessen, aber zumindest nicht mehr ganz so schlimm. Wir haben schließlich den perfekten Plan. Zwei Tage später. 15 Uhr. Wir sitzen in einem Reisebus, eingequetscht zwischen 35 Frauen und drei Männern aus acht verschiedenen Ländern, halten einen Cosmopolitan in der Hand und können unser Glück kaum fassen. Wir haben die Tour einfach noch mal gebucht. Hier ist schließlich alles möglich. Das ist New York, Baby! \