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Ein Bad im Fäkalienpool

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Foto: Mary Junker

Das Team von Aqua-Nautik steckt bei der Arbeit manchmal so richtig tief in der Scheiße.

TEXT: MARY JUNKER

22 Grad, fünf Meter tiefes Schlammwasser, völlige Dunkelheit und überall blubbernde Kotbläschen. Die einzige Orientierung: ein System aus Rohren und Belüftungsplatten. Ein ganz gewöhnliches Arbeitsumfeld für Dennis Hellberg, Arno Barian und Jona Groh.

Die Berufstaucher der Aqua-Nautik GmbH aus Niederkrüchten, deren Schwerpunkt auf Unterwasserbeton, Bergungsarbeiten, Kontroll- und Reparaturarbeiten liegt, begeben sich alle drei Wochen in die Tiefen menschlicher Darmentleerungen, um die Technik in Kläranlagen zu überprüfen.

Auch das Belebungsbecken in Düren bedarf wieder einmal eines Tauchgangs. Hier wird das, was die Bürger vorher in die Kloschüssel entladen, durch ein Belebtschlammverfahren von organischen Verunreinigungen befreit. Das geschieht, indem Bakterienstämme die Ausscheidungen auffressen und zersetzen. Damit sie sich wohl fühlen und schnell vermehren, müssen Temperatur und die Sauerstoffzufuhr im Becken reguliert werden.

Hier kommt Dennis ins Spiel. Da der Verdacht auf defekte Belüftungsplatten besteht, hat er die Ehre, durch den Tümpel zu waten und nach den kaputten Stellen zu suchen. Von oben betrachtet sieht das Ganze aus wie ein überdimensionaler Whirlpool aus Schokolade; leider ist der Geruch aber alles andere als schokoladig. »Das Ironische ist, dass derjenige, der taucht, die frischeste Luft einatmet«, erklärt Arno schmunzelnd. Jona und er hingegen werden tüchtig vom Stuhlgangwinde verweht. Aber daran haben die beiden sich längst gewöhnt. Außerdem wechseln sich die drei jedes Mal in ihrer Tätigkeit ab. Ein Team besteht aus jeweils einem Taucher, einem Ersatztaucher und einem Signalmann, der mit der Person unter Wasser kommuniziert.

»Nächstes Mal zieh’ ich den anderen Helm an. Der hier ist irgendwie nicht ganz dicht«, tönt es aus dem Kommunikationsapparat. Nach etwa einer Stunde steigt Dennis mit einem verschmitzten Grinsen aus dem Pool. Die Tatsache, dass es ein Fehlalarm war, stört ihn überhaupt nicht. Er hat sichtlich Spaß an seinem Beruf. Sogar das Tauchen in Faultürmen gefällt ihm.

Dabei ist das nicht ganz ungefährlich: Der zähflüssige Klärschlamm in diesen Behältern hat eine Temperatur von etwa 40 Grad, recht nahe der Fiebergrenze, weshalb ein Taucher nicht länger als eine halbe Stunde dort drin bleiben darf. »Es besteht die Gefahr einer abrupt eintretenden Bewusstlosigkeit. Durch die Wärme, die auf den Körper einwirkt und dem damit zusammenhängenden Abkühlverhalten durch extreme Schweißbildung kann es zu einer Dehydration kommen«, beschreibt Carsten Thörmer, Geschäftsführer von Aqua-Nautik, das Risiko solcher Arbeiten. Arno sieht’s gelassen: »Man kann sich das vorstellen, als würde man in warmer Marmelade schwimmen.« \

(Erstmals erschienen in Klenkes Neo 8 »Extrem«)