In Berlin ist das Lastenrad schon ein regelrechter Hype: Die ersten Fördergelder, die das Land Berlin Anfang Juli auch an Privatpersonen vergab, waren nach nur einem Tag weg.
500 Euro gab es für die Anschaffung eines Lastenrads, 1.000 Euro für ein Elektro-Modell. „Cargobikes sind eine echte Alternative im städtischen Verkehrsaufkommen“, weiß Sebastian Nippgen, der vor drei Jahren mit seiner Familie komplett umgesattelt hat: vom Auto aufs Lastenrad.
Leidenschaft fürs Lastenrad
Dabei entstand die Leidenschaft fürs Lastenrad zunächst aus einer Not heraus: Das Familienauto gab den Geist auf, eine Reparatur lohnte sich nicht und für ein neues fehlte damals das Geld.
Ein alter Roller und ein altes Baumarkt-Fahrrad dienten als Zwischenlösung, um die Tochter zur Tagesmutter zu bringen und anschließend zur Arbeit zu fahren.
„Eine anstrengende Zeit, vor allem für meine Frau“, sagt Nippgen: „Sie hat täglich, untrainiert, 30 Kilometer zurückgelegt.“
Per Zufall stießen sie auf das Lastenrad mit Elektromotor: „Damit lässt sich dann auch der Wochenendeinkauf bestreiten oder auch ein Einkauf bei IKEA.“
Pluspunkt
Die Vorteile der Lastenräder liegen auf der Hand: Sie sind vielseitig einsetzbar, umweltfreundlich und auch gewerblich nutzbar, etwa für Kurier- und Lieferdienste, für Handwerker, als mobiler Verkaufsstand oder auch zu Marketingzwecken.
Bis zu 180 oder 200 Kilogramm Zuladung schaffen die Lastenräder problemlos, Schwerlastenräder sogar bis zu 300.
„Außerdem erspart man sich viel Ärger bei der Parkplatzsuche in der Stadt und man trainiert nebenbei die körperliche Fitness“, so der 37-Jährige. „Nach 14 Monaten hatten wir bereits 10.000 Kilometer auf dem Tacho.“
Allerdings nicht mit dem ersten Modell: „Wir haben uns zunächst eine billige Drei-Rad-Variante angeschafft. Innerhalb eines halben Jahres musste ich die Hälfte der Hinterradspeichen sowie eine Vorderachse austauschen.“
Für ein alltagstaugliches Lastenrad mit Elektromotor muss man im Durchschnitt 5.000 Euro investieren. Vor allem, wenn das Lastenrad als vollwertiger Autoersatz dienen soll.
Zweites Standbein
Seit Mai vertreiben er und seine Frau Katharina selbst Lastenräder in Aachen und setzen dabei auf umfassende Beratung und bieten Probefahrten an.
In der Lochnerstraße haben sie dafür ein kleines Ladenlokal eingerichtet: Fünf Modelle von vier Herstellern haben sie fest im Programm, jedes hat seine besonderen Vorzüge.
„Der Radlader etwa, ein deutsches Modell, ist mit nur 18 Kilogramm Eigengewicht besonders leicht“, erzählt -Katharina Nippgen. Ihr persönlicher Favorit: die Modelle von Douze Cycles.
„Das V2-Modell ist zum Beispiel innerhalb von wenigen Minuten teilbar und lässt dadurch auch gut mit der Bahn transportieren und passt in den Aufzug.“
Ansteckende Begeisterung
Der Lastenrad-Markt ist noch relativ klein, aber die Begeisterung steckt an.
„Noch kann der Laden keines unserer Gehälter ersetzen“, so Sebastian Nippgen, der als Diplom-Physiker am Lehrstuhl für Lasertechnik arbeitet.
Seine Frau ist als Gärtnerin angestellt. „Aber es gibt immer mehr Modelle, die die Bedürfnisse der Radler unterschiedlich abbilden und die entsprechend konfiguriert und zusammengestellt werden können“, erklärt -Katharina Nippgen.
Dazu gehöre auch das umfangreiche Zubehör zum Kindertransport: „Es gibt sogar Adapter für den Maxi Cosi, sodass die Kleinen schon von Anfang an mitfahren können“, so die 31-Jährige.
Der Vorteil: Man hat das Kind immer direkt im Blick.
Ob sie das Auto manchmal vermissen? „Bisher nicht, obwohl wir uns wieder eins leisten könnten“, lacht sie. „Vielleicht, um mal an die Küste zu fahren, aber selbst das wäre ja mit dem Lastenrad möglich.“
Adresse und Öffnungszeiten
Madame Cargo
Lochnerstraße 5
Mo 15-19 Uhr, Fr 16-19 Uhr, Sa 11-14 Uhr und nach Vereinbarung
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